Schwere Zeiten für Anleger Was der Minuszins der EZB für Sparer bedeutet

Frankfurt · Die Europäische Zentralbank will an der lockeren Geldpolitik festhalten. Zinsen wird es damit auch in näherer Zukunft nicht geben.

 Wer sein Geld zu Hause oder auf dem Sparbuch hortet, verliert durch Inflation letztlich an Vermögen. 

Wer sein Geld zu Hause oder auf dem Sparbuch hortet, verliert durch Inflation letztlich an Vermögen. 

Foto: dpa/Jens Wolf

Massenentlassungen, Gewinnwarnungen, nachlassende Nachfrage – die Aussichten für die Konjunktur trüben sich ein. Die meisten Wachstumsprognosen dürften sich deshalb inzwischen als zu optimistisch erweisen. Hoffnungen auf eine Zinswende rücken damit in weite Ferne.

Die Europäische Zentralbank (EZB) steuert angesichts der Lage auf eine weitere Lockerung ihrer Geldpolitik zu. Experten rechnen in nächster Zeit mit einer weiteren Senkung des Einlagezinses von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent. In ihrer Sitzung am Donnerstag haben die Kreditinstitute daran nicht gerüttelt.

Für deutsche Verbraucher – traditionell eifrige Sparer – sind das keine guten Nachrichten: Wie die jährliche Statistik der Bundesbank zeigt, steckten im Dezember 2018 hierzulande rund 2,456 Billionen Euro in Bankeinlagen oder wurden als Bargeld aufbewahrt. Die Folge: Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres erlitten Sparer 15,9 Milliarden Euro an Wertverlust, wie Berechnungen der Comdirect Bank zeigen. Der Grund sind Sparzinsen, die deutlich unter der Inflationsrate liegen.

Für Niels Nauhauser ist das keine neue Situation. „Das Dilemma, dass Sparguthaben durch Inflation an Wert verliert, ist heute nur sichtbarer“, sagt der Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. In der Vergangenheit habe es zwar Phasen mit höheren Sparzinsen gegeben. Allerdings sei zeitweise auch die Inflationsrate höher gewesen. „Sparer schauen immer nur auf den Nominalzins, nicht den Realzins.“

Verbraucher, die jederzeit über ihr Geld verfügen wollen, können dafür ein Tagesgeldkonto wählen. Eine nennenswerte Rendite gibt es aber kaum. Die Stiftung Warentest listet in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Finanztest“ (8/2019) 20 Angebote auf. Die Zinssätze variieren zwischen 0,25 Prozent und 0,65 Prozent.

Etwas mehr bekommen Sparer bei Festgeldanlagen. Je nach Anlagezeitraum sind hier laut Stiftung Warentest bis zu 1,5 Prozent Zinsen möglich. Laut der Frankfurter Finanzberatung FMH gibt es manche Anbieter, die für ein fünfjähriges Festgeld sogar bis zu zwei Prozent Zinsen zahlen.

Noch mehr können Sparer rausholen, wenn sie Kunde bei einem Zinsportal wie Savedo, Weltsparen oder Zinspilot werden. Die Portale bieten die Sparprodukte mehrerer Banken auch aus dem Ausland an, zum Teil mit guten Zinsen. Aus Sicht der Stiftung Warentest sind aber dennoch nicht alle Angebote empfehlenswert.

Der Grund ist die Einlagensicherung. Zwar gibt es in Europa laut einer EU-Richtlinie nach einer Insolvenz 100 000 Euro Entschädigung pro Kunde und Bank. In manchen Ländern steckt aber möglicherweise zu wenig Geld in den entsprechenden Sicherungstöpfen. Empfehlenswert sind daher nach Ansicht der Warentester Banken aus Ländern mit hoher Wirtschaftskraft.

Wer langfristig etwas für sein Vermögen tun möchte, muss bereit sein, etwas mehr Risiko einzugehen. Die Renditeaussichten verbessern sich, wenn Tages- oder Festgeld mit einem Aktien-ETF (ein börsengehandelter Indexfonds) kombiniert werden. Aber sind diese angesichts der trüben Konjunkturaussichten jetzt sinnvoll? „Wie sich die Kurse in naher Zukunft entwickeln werden, lässt sich nicht vorhersagen“, mahnt Niels Nauhauser.

(dpa)
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