Nullzins-Politik Lagarde hat schlechte Nachricht für Sparer

Brüssel · Die künftige Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, will Mario Draghis Nullzins-Politik fortsetzen.

 Christine Lagarde, designierte Präsidentin der Europäischen Zentralbank, muss vor dem EU-Parlament ihre Pläne offenlegen.

Christine Lagarde, designierte Präsidentin der Europäischen Zentralbank, muss vor dem EU-Parlament ihre Pläne offenlegen.

Foto: dpa/Francisco Seco

Christine Lagarde wusste, welchen Satz jeder von ihr hören wollte. Doch die frühere französische Finanz- und Wirtschaftsministerin, die in den vergangenen acht Jahren den Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington geleitet hat, sagte ihn an diesem Mittwoch im EU-Parlament nicht. Im Gegenteil: Als künftige Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) werde sie die Nullzins-Politik ihres Vorgängers Mario Draghi „noch längere Zeit“ fortsetzen. Zwar setzte sie hinzu: „Wir müssen die negativen Folgen und Nebeneffekte im Blick haben. Ich weiß, welch tiefgreifende Auswirkungen das für die Menschen hat.“ Aber trotzdem sei diese lockere Geldpolitik weiterhin erforderlich, weil sich die EZB und die Notenbanken der Mitgliedstaaten schon auf die nächsten Krisen beispielsweise durch den Klimawandel einstellen müssten.

Für Sparer ist das keine gute Nachricht. Die Währungshüter hielten den Leitzins in den vergangenen Jahren auf dem Rekordtief von null Prozent. Banken erhalten somit frisches Kapital bei der Notenbank zum Nulltarif. Auch an den 0,4 Prozent Strafzinsen, die Kreditinstitute zahlen müssen, wenn sie Geld bei der EZB parken, rüttelte die Notenbank nicht.

Lagarde hatte nicht viele positive Ankündigungen dabei, als sie sich am Mittwoch den Abgeordneten des Wirtschafts- und Währungsausschusses im Europäischen Parlament stellte. Es war die erste Station auf ihrem Weg an die Spitze der EZB, wo sie ab 1. November die Geschäfte führen soll. Schon die erste Frage des CSU-Finanzpolitikers Markus Ferber an die bisherige IWF-Chefin ging ans Eingemachte. Nachdem Lagarde zunächst ein Bekenntnis für „innovative Maßnahmen“ der EZB abgelegt hatte, wollte Ferber wissen, was damit gemeint sei: Die Abschaffung des Bargeldes? Die Ausweitung des Helikoptergeldes, also eines Geldsegens für Staaten und Bürger, um den Konsum und die Inflation anzuheizen? Gehören auch Negativ-Zinsen auf Sparguthaben dazu? Lagarde wand sich, griff zu einem allgemeinen Ausblick und referierte über die Entscheidungen, die die Banken während der Finanzmarktkrise ergreifen mussten. „Was sind angemessene Instrumente in einer solchen Krise? Wir brauchen Kosten-Nutzen-Rechnungen“, dozierte sie. Eine klare Antwort hätte anders ausgesehen. Ferber schüttelte den Kopf. Nur einmal wurde die erfahrene Finanzpolitikerin und studierte Juristin konkret, als sie auf Draghis Zusage in der Staatsschuldenkrise angesprochen wurde, „alles zu tun, was notwendig ist, um den Euro zu retten“. „Ich hoffe wirklich, dass ich diesen Satz nie sagen muss“, antwortete die 63-Jährige. „Denn das würde bedeuten, dass andere wirtschaftspolitische Akteure nicht das tun, was sie tun müssen.“

Das Wohlwollen der Parlamentarier war ihr am gestrigen Abend dann doch sicher. Der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold lobte nach einem ausführlichen Statement Lagardes deren Zusage, Klimaschutz als zentrale Herausforderung für die Finanzmärkte ernst zu nehmen. Außerdem wolle sie grüne Finanzprodukte stärker unterstützen. Giegold: „Ihre Haltung könnte die EZB grüner machen.“ Der SPD-Finanzpolitiker Joachim Schuster hob Lagardes Aussage hervor, dass der „Eurozone weiterhin ein wichtiges fiskalpolitisches Instrument fehlt, um die europäische Geldpolitik effizienter zu gestalten“.

In der zweiten September-Hälfte wird das Plenum des Europäischen Parlamentes über Lagardes Bestellung zur EZB-Chefin abstimmen. Auch die Staats- und Regierungschefs müssen noch einmal formell zustimmen. Dann ist ihr Weg in die Chefetage des Frankfurter Euro-Towers frei.

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