1650 Ford rollen ab heute täglich vom Band

Saarlouis · Zahlreiche Teams haben in den Werksferien im Saarlouiser Ford-Werk neue Technologie installiert, die bessere Abläufe in der Produktion des Focus und C-Max garantieren sollen. Ein Rundgang durch das Werk mit der neuen Chefin Kerstin Lauer.

 Die Lackiererei ist eine der sensibelsten Stationen in der Produktion. Hier kommen Spritzroboter zum Einsatz. Während der Werksferien wurde ein neues Förderband mit einzeln angetriebenen Rollen installiert.

Die Lackiererei ist eine der sensibelsten Stationen in der Produktion. Hier kommen Spritzroboter zum Einsatz. Während der Werksferien wurde ein neues Förderband mit einzeln angetriebenen Rollen installiert.

Foto: Rolf Ruppenthal

Seit Tagen wartet Kerstin Lauer (48), die neue Ford-Chefin in Saarlouis , gespannt auf diesen Moment: das Anlaufen der Bänder nach den Ferien. "Ich brauche immer Action", sagt sie. Seit 6 Uhr heute Morgen ist es soweit. Die Frühschicht rückt an, das Werk erwacht. Mehr als 6200 Mitarbeiter, davon 200 Azubis, sind wieder "zuhause", wie Lauer es ausdrückt, mitten in der großen Ford-Familie.

Ihrer Beobachtung nach, sie war schon an vielen Ford-Standorten in Führungspositionen tätig, identifizieren sich die saarländischen Ford-Beschäftigten besonders stark mit ihrer Arbeit. "Das ist unser Focus , den wir da bauen", hört sie oft. Die Vorgaben an alle sind hoch. 1650 Fahrzeuge pro Tag sollen von den Bändern rollen. Doch zunächst steht für alle drei Schichten eine umfangreiche Sicherheitsbelehrung an. Denn während der Ferien waren zahlreiche Teams damit beschäftigt, Produktions-Abläufe für den neuen Ford Focus und den neuen Ford C-Max zu verändern, Maschinen zu erneuern, Teile auszutauschen und neue Technologien zu installieren. Jeder Handgriff muss sitzen. Mitarbeiter, die stark von Änderungen betroffen sind, wurden einige Tage früher aus den Ferien geholt, um die neuen Arbeitsabläufe zu trainieren. Auch die Roboter werden wieder "geweckt", nachdem sie gewartet und millimetergenau neu eingemessen wurden.

"Instandhaltung findet das ganze Jahr über statt. Doch bestimmte Sicherheitstests, etwa die Überprüfung aller Stahlträger, Transport-Aufhängungen für die Fahrzeuge oder auch Tests mit neuen Technologien können wir nur in den Werksferien vornehmen", erläutern Lauer und Peter Hark, Leiter in der Produktion im Karosseriebau. Eine besondere Herausfordung war die Installation einer neuen Antriebskette für den "S-Förderer" im Rohbau. Dieser hebt alle 30 Sekunden eine fertige Karosse vergleichbar einem Aufzug auf zehn Meter Höhe in einen Tunnel, der zum Lack führt. Die nötige Kette läuft 24 Stunden rund um die Uhr, im Idealfall mehrere Jahrzehnte. Jetzt musste sie ausgetauscht werden. "Sie ist das Nadelöhr in der Produktion. Wenn sie ausfällt, geht nichts mehr im Werk", betont Lauer.
136 000 Tonnen Stahl verbaut

 Während der Ferien waren Autos im Werk zum Schutz zugedeckt.

Während der Ferien waren Autos im Werk zum Schutz zugedeckt.

Foto: Rolf Ruppenthal
 Vom Band bis in die Chefetage: Kerstin Lauer hat eine steile Karriere bei Ford gemacht.

Vom Band bis in die Chefetage: Kerstin Lauer hat eine steile Karriere bei Ford gemacht.

Foto: Rolf Ruppenthal

Auch im Presswerk wurde neues Equipment installiert. Karl-Heinz Gläske, Leiter Presswerk und Werkzeugbau, sieht eine deutliche Verbesserung, weil eine höhere Qualität in der Bearbeitung des Stahls erreicht wird, der als Material für den Bau von Kotflügeln, Autodächern und anderen Karosserieteilen dient. 136 000 Tonnen Stahl hat das Ford-Werk in diesem Jahr schon verarbeitet.

Die Lackiererei ist ein hoch sensibler Bereich in der Produktion. Hier dürfen nicht einmal geringste Mengen Staub oder kleine Partikel in den Produktionsablauf geraten. Die Techniker haben ein neues Förderband mit einzeln angetriebenen Rollen installiert, wo früher Ketten den Weitertransport übernahmen. Hier kommen Spritzroboter zum Einsatz. Diana Dörr, Betriebsleiterin für die Lackiererei, verweist auf bis zu 13 Serienfarben. Es sei aber fast alles möglich. "Wer mindestens fünf Autos bestellt, kann sich auch eine andere Farbe aussuchen." Momentan seien alle Blautöne "in".

In der Endmontage wurde ein neues Plattensystem installiert. Bei diesem Fördersystem sind die Fahrzeugkarossen auf hintereinander angeordneten, beweglichen Paletten angebracht. Die Palette steht zwar jeweils eben zum Hallen-Fußboden, die Höhe der Karosse kann mit diesem System aber je nach Arbeitssituation individuell auf die beste ergonomische Arbeitshöhe für die Mitarbeiter gebracht werden. So kann man in angenehmer Höhe an den Autos arbeiten. An der Verbesserung der Produktionsbedingungen sind die in der Endmontage arbeitenden Teams beteiligt. Die Mitarbeiter können mitreden, wie die zu verbauenden Material-Teile am besten angeordnet sind. So sind alle Teile jederzeit erreichbar.

Die Modellreihen Ford Focus und Ford C-Max/Grand C-Max werden auf derselben Fertigungslinie und mit unterschiedlichen Ausstattungen produziert. Bei der Produktion kommen oft die gleichen Bauteile, aber - je nach Auto - in vielen unterschiedlichen Varianten zum Einsatz. Kleinere Bauteile sind in unterschiedlichen Fächern angeordnet, die mit Lämpchen versehen sind. Erreicht ein bestimmtes Fahrzeug die Arbeitsstation, leuchtet beim dazugehörigen Bauteil das Lämpchen auf. Dieses System ist wichtig, da niemand auswendig lernen kann, welches Teil in das nächste Fahrzeug eingebaut wird. Das Ford-Werk kann theoretisch über eine Million Varianten bauen.

Technik spielt überall eine Rolle. Führungskräfte können sogar von zu Hause aus per Computer oder Tablet sehen, ob die Produktion fehlerfrei läuft. "Industrie 4.0, von der inzwischen alle reden, ist bei uns seit 15 Jahren gelebte Realität", sagt Lauer. Doch trotz all der Technik bleibe der Mensch auch künftig im Werk unersetzlich. Als Teil der Ford-Familie eben.

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