Zwischen Blüte und SchuldenbergenKommunen im Saarland sind "bettelarm"

Berlin. Eigentlich könnten die Kommunen in Deutschland endlich wieder zufrieden sein. Die Gewerbesteuereinnahmen werden mit 42,5 Milliarden Euro ein "historisches Allzeithoch" erreichen, für das laufende Jahr wird sogar ein Überschuss von zwei Milliarden Euro erwartet. Trotzdem hält sich der Jubel in Grenzen

 Städtetags-Präsident Christian Ude zeigt eine Grafik, die den starken Anstieg von Kassenkrediten deutlich macht. Foto: Pilick/dpa

Städtetags-Präsident Christian Ude zeigt eine Grafik, die den starken Anstieg von Kassenkrediten deutlich macht. Foto: Pilick/dpa

Berlin. Eigentlich könnten die Kommunen in Deutschland endlich wieder zufrieden sein. Die Gewerbesteuereinnahmen werden mit 42,5 Milliarden Euro ein "historisches Allzeithoch" erreichen, für das laufende Jahr wird sogar ein Überschuss von zwei Milliarden Euro erwartet. Trotzdem hält sich der Jubel in Grenzen. Denn die Schere zwischen boomenden und notleidenden Städten öffnet sich immer weiter. Fragen und Antworten zum Thema:Woran lässt sich die Spaltung ablesen?

An den Kassenkrediten. Also an jenen Krediten, mit denen Kommunen ihre laufenden Kosten decken. Während einige Städte inzwischen sogar Schulden abbauen, leben laut Christian Ude, Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister von München, zehn Prozent der Gemeinden von Überziehungskrediten. Die Gesamtsumme der Kassenkredite beläuft sich inzwischen auf 44,3 Milliarden Euro. Das ist ein neuer Negativrekord.

Welche Kommunen sind betroffen?

Vor allem strukturschwache Städte in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. In diesen Bundesländern sei das Problem inzwischen ein "Massenphänomen", so Ude. Für den Osten gelte, dass die Städte anders als im Westen nicht jahrzehntelang Schulden angehäuft hätten. Ude betonte aber, dass dies nichts über die Wirtschaftskraft ostdeutscher Kommunen aussage.

Haben die Pleite-Städte schlecht gewirtschaftet?

"Den Bürgermeister, der sich mit Schwimmbädern ein Denkmal setzt, den gibt es in keiner der Kommunen", wehrte Ude ab. Die Lage der betroffenen Städte sei ein "Strukturkrisenphänomen" und nicht auf Misswirtschaft oder Landesgesetzgebung zurückzuführen. Hinzu kommt: Zu einem Problem für alle Kommunen entwickeln sich die weiter steigenden Sozialausgaben, obwohl die Konjunktur brummt und der Bund ab diesem Jahr schrittweise bis 2014 die Kosten für die Grundsicherung im Alter übernimmt. Demnach werden die Sozialausgaben auf 45,5 Milliarden Euro klettern. Weitere Milliarden-Belastungen kommen durch den ab 2013 geltenden Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung dazu.

Werden die strukturschwachen Kommunen jemals wieder schwarze Zahlen schreiben?

Nicht aus eigener Kraft. Bei der Sanierungsaufgabe fühlte sich Ude an die griechische Krise erinnert. Er forderte Hilfen des Bundes und Entschuldungsprogramme der Länder. Zudem müsse es eine deutliche Entlastung bei den sozialen Aufgaben geben, sagte Hauptgeschäftsführer Stephan Articus. has

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 Städtetags-Präsident Christian Ude zeigt eine Grafik, die den starken Anstieg von Kassenkrediten in den kommunalen Haushalten deutlich macht. Foto: Pilick/dpa

Städtetags-Präsident Christian Ude zeigt eine Grafik, die den starken Anstieg von Kassenkrediten in den kommunalen Haushalten deutlich macht. Foto: Pilick/dpa

Saarbrücken. "Die saarländischen Kommunen sind nicht arm. Sie sind bettelarm", sagt Klaus Lorig (CDU), Präsident des Saarländischen Städte- und Gemeindetags und OB Völklingens. "Die Last, unter der wir zu leiden haben wegen unserer strukturellen Schwäche, ist erdrückend. Deswegen nehmen wir an der positiven Entwicklung auf Bundesebene leider nicht teil." Was die Verschuldung nach oben treibt, sind die Kassenkredite. "Wir erreichen in diesem Jahr eine Größenordnung von 1,7 bis zwei Milliarden Euro. Diese Zahl hat sich innerhalb von zehn Jahren verdreifacht. Allein daran sieht man, dass fast kein Gegensteuern mehr möglich ist: Wir brauchen dringend Hilfe von außen", sagt Lorig, der dabei auch den Solidaritätszuschlag im Blick hat: "Wenn der Soli ausläuft, muss man sich Gedanken machen, ob man ihn beibehält und als Hilfe für Kommunen auch im Westen nutzt." tho

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