Zwei Genossen im Stimmungstief

Paris. An der Treppe des Élysée-Palastes werden die Grenzen für Peer Steinbrück deutlich. Wo Staatschefs sonst persönlich empfangen oder verabschiedet werden, steht am Freitag kein François Hollande. Für Steinbrück kommt der französische Präsident nicht aus seinem Amtssitz

 François Hollande (r.) empfing Peer Steinbrück am Freitag im Elysée-Palast. Foto: dpa

François Hollande (r.) empfing Peer Steinbrück am Freitag im Elysée-Palast. Foto: dpa

Paris. An der Treppe des Élysée-Palastes werden die Grenzen für Peer Steinbrück deutlich. Wo Staatschefs sonst persönlich empfangen oder verabschiedet werden, steht am Freitag kein François Hollande. Für Steinbrück kommt der französische Präsident nicht aus seinem Amtssitz. Unterstützung sichern sich sozialistischer Präsident und sozialdemokratischer Kanzlerkandidat hinter prachtvollen, aber dicken Mauern zu.

Das seit Monaten vereinbarte Treffen kommt für beide Politiker zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Hollande und Steinbrück stecken bis über beide Ohren im Umfragetief. Der Franzose kann aktuell noch auf 27 Prozent Zustimmung in der französischen Bevölkerung bauen. Erst flog der Skandal um ein Schwarzgeldkonto seines zurückgetretenen Budgetministers Jérôme Cahuzac auf, nun auch noch der Kontakt eines Wahlkampfmanagers in die Steueroase der Cayman-Inseln. Für Steinbrück sieht es kaum besser aus: Laut "Deutschlandtrend" liegt die Zustimmung zu seiner Arbeit nur noch bei 32 Prozent. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) liegt bei 68 Prozent. Die neuen Zahlen sind ein harter Schlag. Auch in Paris kommt als Strategie gegen Steinbrücks Imageprobleme nur eins in Frage: "Themen setzen".

Wie schwer das ist, zeigt die jüngste Debatte um getrennten Sportunterricht von Jungen und Mädchen. Angesprochen auf entsprechende Forderungen eines muslimischen Vaters sagte Steinbrück am Mittwoch bei einer Veranstaltung in Berlin: "Wenn die Schulen es einrichten können, dann sollten sie es machen. Ich würde da Rücksicht nehmen auf religiöse Überzeugungen." Das sei besser, als wenn muslimische Mädchen durch Krankmeldungen vom Schwimm- oder Sportunterricht ferngehalten werden. Schnell wurde daraus eine generelle Forderung nach getrenntem Sportunterricht abgeleitet.

Besonders bitter ist für Steinbrück, dass Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier deutlich bessere Werte als er haben. Steinbrück will trotz der dürftigen SPD-Werte unter 30 Prozent keine Spekulationen, ob er auch über eine Minderheitsregierung oder eine Ampel-Koalition das Kanzleramt erobern würde. "Ich stehe nur für eine rot-grüne Bundesregierung zur Verfügung." Auch in Paris ließ er sich nicht auf Spekulationen über eine große Koalition ein.

Dort war der Empfang des Kandidaten nicht ohne Vorgeschichte. Kanzlerin Angela Merkel hatte Hollande solche Ehren während seines Präsidentschaftswahlkampfes verwehrt. Die CDU-Politikerin setzte auf den konservativen Nicolas Sarkozy. Bis heute wird Hollande und Merkel ein gespanntes Verhältnis nachgesagt - mit Steinbrück hätte Hollande es womöglich leichter, eine gemeinsame Euro-Rettungslinie zu finden. Ob sich sein beim SPD-Parteitag 2011 geäußerter Wunsch noch erfüllt? "Liebe Genossen, ich bin sicher, wir gewinnen zusammen", sagte Hollande damals. dpa

Meinung

Schlechtes Timing

Von SZ-Korrespondent

Werner Kolhoff

 François Hollande (r.) empfing Peer Steinbrück am Freitag im Elysée-Palast. Foto: dpa

François Hollande (r.) empfing Peer Steinbrück am Freitag im Elysée-Palast. Foto: dpa

Peer Steinbrücks Aktivitäten als Spitzenkandidat der SPD zeigen Wirkung- nach unten. Nur noch 25 Prozent der Deutschen würden ihn wählen. Der sichere Instinkt für Fettnäpfchen und schlechtes Timing haben den SPD-Mann auch bei seinem Paris-Besuch nicht verlassen. Natürlich sollte einer, der Kanzler werden will, mit der Spitze der französischen Politik reden. Nur steht François Hollande gerade auf dem Tiefpunkt seines Ansehens. Er hat in seinem Kabinett gerade eine Affäre um Steuerflucht an der Backe, was für Steinbrücks Offensive gegen Steueroasen absolut nicht beispielgebend ist. Er kriegt mit seinen Konzepten vom Schuldenmachen seine Wirtschaft nicht auf die Beine, während die Deutschen ihre gerade ganz vorbildlich finden. Es ist ein Besuch zur Unzeit geworden. In Anlehnung an den Fußball-Philosophen Jürgen ("Kobra") Wegmann lässt sich über Steinbrück sagen: Zuerst hatte er kein Glück. Und dann kam auch noch Pech dazu.

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