Zum Zähnereißen ins BadNach dem Baden eincremen

Zülpich. Sich daheim, im Wellnesshotel oder Spa badenderweise eine Wohlfühlauszeit zu gönnen, ist keine Erfindung heutiger Wellness-Gurus. Bereits zu anderen Zeiten wusste der Mensch um die Freuden des Wassers. Einige Kapitel in der Geschichte des Badens bleiben dort ungenau, wo es der Wissenschaft an sicheren Erkenntnissen mangelt. Doch nicht so bei den Römern

Zülpich. Sich daheim, im Wellnesshotel oder Spa badenderweise eine Wohlfühlauszeit zu gönnen, ist keine Erfindung heutiger Wellness-Gurus. Bereits zu anderen Zeiten wusste der Mensch um die Freuden des Wassers. Einige Kapitel in der Geschichte des Badens bleiben dort ungenau, wo es der Wissenschaft an sicheren Erkenntnissen mangelt. Doch nicht so bei den Römern. Sie hinterließen uns manch sehenswertes Beispiel ihrer Leidenschaft, etwa im nordrhein-westfälischen Zülpich oder im Europäischen Kulturpark Bliesbruck-Reinheim an der deutsch-französischen Grenze.Im Römischen Reich gehörte zu jeder Stadt ein öffentliches Badehaus. Es konnte einfacher oder aufwändiger gestaltet sein, aber sein Grundriss gehorchte immer demselben Muster: Es gab Umkleiden, gefolgt von der typischen Raumflucht aus Kalt-, Warm- und Heißbad. Wer hierher kam, dachte jedoch nicht nur an die Körperpflege. "Besonders bei den Römern war das Bad ein Ort der Kommunikation", erklärt Dr. Iris Hofmann-Kastner, Leiterin des Zülpicher Museums der Badekultur. Gleichzeitig habe ein Besuch dort auch zur körperlichen Erholung oder Gesundung gedient. In den großen Kaiserthermen, die an Luxus kaum zu toppen waren, konnten sich die Besucher auf überdachten Sportplätzen austoben sowie in Lokalen und Läden verlustieren.Unruhige Zeiten, der Zerfall des Römischen Reiches, der Beginn der Völkerwanderung könnten Gründe für die Aufgabe der Thermen gewesen sein. Und auch in den Folgejahren war es um eine Neuauflage jener ausschweifenden Badefreuden schlecht bestellt, denn die Christen des Frühmittelalters hatten mit dem unkeuschen Thema nichts im Sinn. Es sollen Kreuzfahrer oder auch Handel treibende Kaufleute gewesen sein, die schließlich das Wissen über die Badekultur aus dem Orient wieder nach Europa zurückbrachten. In den Städten entstanden öffentliche Badestuben, wo gebadet und geschwitzt wurde, wo das Volk auf einen Plausch, zu Gesang und Musik zusammenkam, wo im Wasser gegessen und getrunken wurde. Eine Einrichtung mit reichlich bizarren Wellnessangeboten übrigens. "Im Mittelalter bot der Bader nicht nur Massage, Aderlass, Schröpfen, Knochenrichten und Zähnereißen an", beschreibt die Museumsleiterin das Dienstleistungsrepertoire des Bademeisters. "Bis zur Entwicklung eigener Stände hatte er auch Rasieren, Haareschneiden und Epilation im Programm." Es war ein Ort mit großem Unterhaltungswert. Aber ohne Zukunft. Diesmal waren es im Spätmittelalter Pest wie Syphilis und schließlich der Dreißigjährige Krieg (1618-48) und seine Folgen, die dem öffentlichen Badewesen erneut den Garaus machten. Nicht nur die großen Ereignisse der Geschichte beeinflussten die Badekultur, auch die jeweils geltenden Hygienevorstellungen, die Mode oder die Ansprüche einer Gesellschaftsschicht hatten Auswirkungen. Bald entstanden Kurbäder, in deren Mineralquellen Kranke Heilung suchten, Seebäder wie Heiligendamm, Dieppe oder Brighton, öffentliche Waschhäuser, Schwimmhallen und vieles mehr. Doch es war es noch ein weiter Weg bis zu den heutigem Wellnesshotels und Spas.Die Überreste einer römischen Therme sind im Europäischen Kulturpark Bliesbruck-Reinheim zu sehen. Weitere Infos gibt es per Tel.: (0 68 43) 90 02 11 oder im Internet unter www.kulturpark-online.de.Infos zum Museum der Badekultur in Zülpich gibt es im Web unter www.zuelpich.de.Wie das Leben der Römer in der Provinz aussah, vermittelt der Archäologische Park Xanten, eines von sechs Museen, die der Landschaftsverband Rheinland zur rheinischen Geschichte unterhält. Weitere Infos unter Tel.: (0 28 01) 9 88 92 13 oder im Internet unter www.apx.lvr.de.

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