Uwe Witt kehrt seiner Partei den Rücken Zentrumspartei ist wieder mit einem Abgeordneten im Bundestag

Berlin · Zum Jahreswechsel waren zwei AfD-Bundestagsabgeordnete aus der Partei ausgetreten. Einer davon hat sich nun zu seinen Gründen geäußert. Er berichtet dabei auch von einer Begebenheit mit einem ehemaligen Fraktionskollegen, bei der ihm fast die Beine weggeknickt seien.

 Uwe Witt spricht bei der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag.

Uwe Witt spricht bei der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Der aus der AfD und aus der AfD-Bundestagsfraktion ausgetretene Abgeordnete Uwe Witt ist nach eigenen Angaben jetzt Mitglied der Zentrumspartei. „Ich freue mich, zukünftig christlich-soziale und menschengerechte Politik im Deutschen Bundestag für die Zentrumspartei machen zu dürfen“, sagte Witt am Dienstag bei einem Online-Pressegespräch. Es handele sich um eine Oppositionspartei, die fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehe. Die Zentrumspartei entstand im 19. Jahrhundert als Interessenvertretung der katholischen Bevölkerung und spielte bis zur Weimarer Republik eine große Rolle. Heute hat sie nach eigenen Angaben rund 300 Mitglieder.

Witt hatte kurz vor dem Jahreswechsel seinen Austritt aus der AfD und deren Fraktion im Bundestag erklärt und das mit „Grenzüberschreitungen“ von AfD-Mitgliedern begründet. Der bayerische Abgeordnete Johannes Huber war - aus anderen Gründen - ebenfalls ausgetreten. In dem Pressegespräch begründete Witt, der als Vertreter der moderaten Strömung in der Partei galt, nun, warum er der AfD den Rücken kehrte. Er „möchte keine großartige Schmutzwäsche waschen“, sagte er, dennoch geriet das Ganze zu einer kleinen Abrechnung mit der AfD.

Der 62-Jährige aus Schleswig-Holstein berichtete unter anderem von einer Vortragsveranstaltung im vergangenen August, an der er teilnahm. Dabei habe ein von der AfD empfohlenes Team für Sicherheit gesorgt, bei dem sich später ein Bezug zu einer rechtsterroristischen Gruppierung herausgestellt habe. Aufs „Tiefste schockiert“ sei er zudem gewesen, dass der Abgeordnete Thomas Helferich aus Nordrhein-Westfalen, der nicht bestreitet, sich in einem älteren Chat als „freundliches Gesicht des NS“ bezeichnet zu haben, über ein AfD-Ticket in den Bundestag gekommen sei.

Helferich verzichtete zwar nach Bedenken von Abgeordneten, darunter Witt, auf einen Antrag auf Aufnahme in die AfD-Fraktion und ist nun fraktionsloser Abgeordneter. Die fraktionsinterne Diskussion über das Thema habe ihn aber „in den Grundfesten“ seiner Überzeugung erschüttert, dass es in der Bundestagsfraktion „keine Sympathisanten rechtsradikalen wenn nicht sogar rechtsextremen Gedankenguts gibt“, sagte Witt. Er rechnet damit, dass Helferich im Laufe des Jahres in die Fraktion aufgenommen wird.

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Der Ex-AfDler berichtete auch von einer Begegnung im Bundestag mit einem Abgeordneten seiner ehemaligen Partei, der an seinem Jackenrevers „das Abzeichen einer rechtsextremistischen Vereinigung sichtbar befestigt hatte“. „In diesem Moment hatte ich das Gefühl, als wenn meine Beine wegknicken. Ich hatte plötzlich einen Eisklumpen im Magen.“ Den Namen des Abgeordneten und um welche Vereinigung es dabei ging, nannte Witt auf Nachfrage nicht.

Auch die Meldungen über radikale Äußerungen bayerischer AfD-Politiker in einem internen Telegram-Chat erwähnte er und kritisierte zudem „rechtswidrige Verhaltensweisen“ bei der Beschäftigung von Fraktionsmitarbeitern, ohne dies konkreter zu erläutern. Grundsätzlich kritisierte Witt den Kurs seiner Ex-Partei: Einige AfD-Größen hätten es mit „völlig überzogenen Aktionen“ in den letzten vier Jahren geschafft, jegliche konservative Politik so gut wie unmöglich zu machen. „Die Gesamtzustimmung in der Bevölkerung wird immer kleiner, weil man sich von faktenorientierter Politik zu populistischen Zirkuseinlagen hinreißen lässt.“ Konkrete Namen nannte er nicht.

Der Schritt, Partei und Fraktion zu verlassen, sei für ihn unvermeidbar und die logische Konsequenz gewesen, sagte er. Einige ehemalige Parteifreunde belegten ihn jetzt mit dem Wort Verräter.

Nach Witts und Hubers Rücktrittsankündigung hatte AfD-Co-Fraktionschef Tino Chrupalla diese zum Mandatsverzicht im Bundestag aufgerufen, damit AfD-Politiker nachrücken können. Die Fraktion hat derzeit 80 Mitglieder, 93 waren es zu Beginn der vergangenen Legislaturperiode. Witt sagte, fordern könne man viel. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages habe ganz klar rechtlich geprüft, dass ein Mandat immer personen- und niemals parteibezogen sei.

(dpa)
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