„Wir sind unabhängig von der Regierung in Ankara“

Saarbrücken · Seit Wochen gibt es Diskussionen um Spitzeldienste von Imamen des türkischen Islam-Verbandes Ditib, jetzt stellten Ermittler bei Durchsuchungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz Material sicher. Die SZ sprach darüber mit dem Vorsitzenden des Ditib-Landesverbandes Saarland, Rasim Akkaya.

Herr Akkaya, die Ditib steht seit Wochen wegen Spionage-Aktionen einiger ihrer Imame unter Druck. Was sagen Sie zu den Vorwürfen?

AKKAYA: Die Vorwürfe nehmen wir sehr ernst. Wir wollen zunächst klarstellen, dass die Ditib nicht deren Dienstherr ist. Das ist die Religionsbehörde Diyanet. Die Vorwürfe sind schwerwiegend, und wenn sie wirklich zutreffen, fordern wir selbstverständlich, dass rechtliche Konsequenzen gezogen werden.

Dann unterstützen Sie also die Aussage von Bundesjustizminister Heiko Maas, nach der der Einfluss des türkischen Staates auf Ditib zu groß sei und der Verband sich glaubhaft von Ankara lösen müsse? Schließlich stellt die staatliche Religionsbehörde ja die Imame.

AKKAYA: Nein, diese Aussage unterstütze ich nicht. Wir sind ein eigenständiger Landesverband und unabhängig von der Religionsbehörde Diyanet in der Türkei. Wir werden von niemandem beeinflusst oder beeinträchtigt.

Und wie sieht es mit den Imamen von Ditib aus?

AKKAYA: Fakt ist, dass die Imame aus der Türkei kommen - das ist eine Frage der Ressourcen. Denn es gibt keine Imame, die wir aus Deutschland beziehen könnten. Zudem haben wir selbst nicht die Mittel, eigene Imame zu finanzieren. Eben deshalb gibt es auch ein Abkommen zwischen Deutschland und der Türkei, das die Entsendung der Imame regelt. Unser Landesverband hingegen ist die Dachorganisation von zehn Moschee-Gemeinden im Saarland. Wir sind wiederum Mitglied im Ditib Bundesverband.

Laut Generalbundesanwaltschaft gab es im vergangenen September eine Aufforderung der Religionsbehörde Diyanet, Informationen über Aktivitäten der Gülen-Bewegung zu liefern. Haben Sie auch eine solche Aufforderung erhalten?

AKKAYA: Nein, definitiv nicht. Das kann ich für unseren Landesverband ganz klar ausschließen. Ich habe auch nur über die Presse erfahren, dass es solche Aufforderungen gegeben haben soll.

Ihr Landesverband arbeitet im Saarland unter anderem mit dem Bildungsministerium in Sachen islamischer Religionsunterricht zusammen. Befürchten Sie, dass die jüngsten Vorgänge einen Einfluss auf diese Zusammenarbeit haben?

AKKAYA: Ich denke, dass wir im Saarland durch gute, verantwortungsvolle Arbeit Vertrauen genießen und sehe keinen Grund, dass die Zusammenarbeit mit uns nicht fortgeführt wird. Außerdem verstehen wir uns ausschließlich als saarländische Religionsgemeinschaft - jenseits der Politik - und wollen auch nur in diesem Bereich tätig sein.

Das Gespräch führte

Iris Neu-Michalik

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