"Wir sind noch nicht am Ende"
Frau Deligöz, ist die Islamkonferenz am Ende?Deligöz: Ganz und gar nicht.Aber der Zentralrat der Muslime ist verärgert ausgestiegen. Deligöz: Der Zentralrat spricht nicht als einziger für die Muslime. Es gibt keinen Verband, der diesen Anspruch erheben kann
Frau Deligöz, ist die Islamkonferenz am Ende?Deligöz: Ganz und gar nicht.Aber der Zentralrat der Muslime ist verärgert ausgestiegen.Deligöz: Der Zentralrat spricht nicht als einziger für die Muslime. Es gibt keinen Verband, der diesen Anspruch erheben kann. Das Ziel ist ohnehin ein höheres: Wie können wir es schaffen, dass der Islam seinen Platz in der Gesellschaft findet, angefangen bei Moscheebauten über den Religionsunterricht bis zum Abbau der vielen Vorurteile. Deshalb geht es nicht darum, ob ein Verband zufrieden oder unzufrieden ist.Ist das Hauptproblem nicht, dass den Muslimen in Deutschland ein zentrales Sprachrohr fehlt?Deligöz: So würde ich das nicht sehen. Aber dieser Umstand ist in der Tat eine Herausforderung. Es gibt eben im Islam nicht ein Organ, wie wir es von der katholischen oder evangelischen Kirche her kennen. Man sollte deshalb auch nicht den Fehler machen, eine christliche Struktur über den Islam stülpen zu wollen. Der Zentralrat wirft dem Innenminister vor, über die Köpfe der Muslime hinweg die Konferenz zu führen. Teilen Sie den Eindruck?Deligöz: Es war seitens des Innenministers richtig zu sagen, die Konferenz ist an einem Punkt angelangt, wo wir nicht mehr konstruktiv arbeiten können. Also müssen wir etwas ändern. Und das die Teilnahme einer vom Verfassungsschutz beobachteten Organisation wie Milli Görüs problematisch ist, liegt auf der Hand. Da hätte ich mir mehr diplomatisches Geschick auf Seiten der Muslime gewünscht.Fehlt es dem Gremium an Verbindlichkeit?Deligöz: Wer mit der Idee in die Konferenz gegangen ist, die persönlichen Interessen durchzusetzen, der kann nur scheitern. Bei vielen Teilnehmern gibt es sicherlich eine gewisse Enttäuschung. Aber: Die Islamkonferenz ist ein Prozess, und wir sind noch nicht am Ende angelangt. Das Ursprungsgremium wurde ja bereits 2006 initiiert. Was sind die Erfolge?Deligöz: Ich erlebe, dass die Menschen viel offener gegenüber dem Islam geworden sind. Allein der Tag der Moscheen ist dafür ein gutes Beispiel. Der Islam wird zunehmend zu einem Thema zwischen den Menschen, und zwar im positiven Sinne und nicht allein in Form einer Stigmatisierung in Zusammenhang mit Terrorismus.