„Wir müssen die Spender schützen“

Professor Urban Sester leitet das Transplantationszentrum am Uni-Klinikum Homburg. Im Gespräch mit SZ-Redakteur Thomas Schäfer erklärt er, was er von einer Organspender-Suche via Facebook hält: nichts.

Herr Professor Sester, in Belgien und den Niederlanden machen sich schwer kranke Patienten verstärkt mittels Facebook selbst auf die Suche nach einem passenden Organspender . Was denken Sie darüber?

Sester: Es ist interessant, dass jedes Land seine eigene Ethik hat und mit solchen Themen ganz unterschiedlich umgeht. Gerade die Niederlande sind sehr experimentierfreudig, wir sind da viel, viel vorsichtiger und langsamer, was aber nicht schlecht sein muss. Bei uns wird vieles diskutiert, manchmal teilweise zu Tode diskutiert, aber es wird eben vorher intellektuell-ethisch bearbeitet. Bei dem sehr sensiblen Thema der Organ-Transplantation finde ich ein Hau-Ruck-Vorgehen hoch problematisch.

Sind Ihnen vergleichbare Suchaktionen aus Deutschland bekannt?

Sester: Nein, das wäre auch illegal. Das Transplantationsgesetz legt eindeutig fest, dass eine enge emotionale Beziehung zwischen Spender und Empfänger bestehen muss. Ansonsten dürfen wir keine Transplantationen durchführen. Wir müssen als Transplantationszentrum jede Lebendspenden-Paarung auch einer neutralen Ethik-Kommission vorstellen. Wir schreiben da zunächst einen ausführlichen Bericht, es wird ein psychologisches Gutachten eingereicht und dann will die Kommission die Paarung sehr häufig selbst sehen. Ganz wichtig ist nämlich sicherzustellen, dass es keine Anhaltspunkte für ein wie auch immer geartetes Abhängigkeitsverhältnis gibt. Also dass zum Beispiel der Vater droht, seiner Tochter nicht das Studium zu finanzieren, wenn sie ihm keine Niere spendet.

Dieses strenge Vorgehen halten Sie für vernünftig?

Sester: Ja, denn wir müssen die Spender schützen. Eine Organspende darf niemals aus einer Laune heraus passieren. Denn natürlich handelt es sich um einen umfangreichen Eingriff, der auch Konsequenzen haben kann.

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