Wie Hartz IV reformiert werden soll

Regelsätze: Die Karlsruher Richter prüfen derzeit, ob die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder ausreichen, um ihnen ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen. Das Urteil wird im Februar erwartet

Regelsätze: Die Karlsruher Richter prüfen derzeit, ob die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder ausreichen, um ihnen ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen. Das Urteil wird im Februar erwartet. Die Bundesregierung rechnet aber schon jetzt damit, dass die Richter der Politik mit dem Urteil gleich auch den Auftrag erteilen werden, die Berechnungsmethode für alle Regelsätze, also auch die der Erwachsenen, zu ändern. Volljährige Hartz-IV-Empfänger erhalten derzeit neben Miete und Heizungskosten einen monatlichen Regelsatz von 359 Euro. Bei Kindern und Jugendlichen liegen die Sätze deutlich niedriger. Das Problem: Nach einer Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes müsste der Regelsatz für Erwachsene eigentlich schon jetzt bei 420 Euro im Monat liegen, um einen Mindeststandard zu gewährleisten. Falls Karlsruhe dem folgt, käme auf den Bundeshaushalt eine Mehrbelastung von etwa 20 Milliarden Euro zu. Hinzuverdienste: Im Koalitionsvertrag haben Union und FDP festgelegt, die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Hartz-IV-Empfänger zu verbessern, um deren Arbeitsanreiz zu stärken. Eine verfassungsrechtlich gebotene Komplett-Überarbeitung der Regelsätze hätte auch Auswirkungen auf dieses Vorhaben. Gegenwärtig dürfen Langzeitarbeitslose bis zu 100 Euro im Monat hinzuverdienen, ohne dass ihr Regelsatz deshalb gekürzt wird. Darüber hinaus bleiben nur 20 Prozent anrechnungsfrei. Für viele Betroffene sind deshalb höher vergütete Tätigkeiten eher unattraktiv. Die Regierung strebt nun an, diesen Trend umzukehren, also die Nachfrage nach Vollzeitjobs zu beflügeln. Das Problem: Eine Ausweitung der Hinzuverdienstgrenzen bedeutet grundsätzlich, dass auch mehr Menschen Anspruch auf ergänzende Hartz-IV-Hilfen haben. Dadurch kämen auch die regulären Löhne in bestimmten Branchen unter Druck, weil Arbeitgeber davon ausgehen können, dass der Staat den Rest drauflegt. Die Diskussion um einen einheitlichen Mindestlohn würde dadurch neu belebt. Arbeitspflicht: Nach geltendem Recht müssen Langzeitarbeitslose jede zumutbare Tätigkeit ausüben. Dazu ist ein Arbeitsangebot erforderlich, das auch zusätzlich vergütet wird. Selbst der Ein-Euro-Jobber hat deshalb am Ende mehr in der Tasche als nur den Regelsatz. Roland Koch will aber, dass jeder Betroffene "als Gegenleistung für die staatliche Unterstützung einer Beschäftigung nachgeht". Im Klartext: Der Betroffene soll schon für den bloßen Regelsatz arbeiten. Das Problem: Kochs Forderung geht weit über das geltende Gesetz hinaus. Eine Arbeitspflicht gibt es in Deutschland nur für Strafgefangene. Seine Idee kollidiert auch mit der Beschäftigungs-Realität, denn wenn Kommunen massenhaft gemeinnützige Jobs schaffen müssten, würden automatisch reguläre Arbeitsplätze in der privaten Wirtschaft verdrängt. Darauf hat auch Merkel hingewiesen. Kosten der Unterkunft: In einem angemessenen Umfang übernimmt der Staat Miet- und Heizkosten für jeden Langzeitarbeitslosen individuell. Laut Koalitionsvertrag will die Regierung eine Pauschalierung unter Berücksichtung regionaler Besonderheiten "prüfen". Ziel sind offenbar regional gestaffelte Einheitsbeträge, egal wie hoch die realen Wohnkosten sind. Das Problem: Würde eine Pauschalierung Wirklichkeit, kämen auf einen Teil der Betroffenen Mehrbelastungen zu.

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