Wie die EU Mitgliedern beim Sparen helfen kann

Brüssel · Gemeinhin heißt es oft: Die EU ist zu groß, zu kompliziert und zu teuer. Tatsächlich können die Mitgliedstaaten so aber Geld sparen – zum Beispiel in der Außen- und in der Agrarpolitik.

Europa zahlt sich aus. Zum ersten Mal haben Experten jetzt für eine Studie durchgerechnet, ob Mitgliedstaaten Geld sparen können, wenn sie Politikbereiche nach Brüssel verlagern und Aufgaben gemeinsam wahrnehmen. Das Ergebnis der Untersuchung "Der europäische Mehrwert von EU-Zahlungen", die gestern vorgestellt wurde: Staatliche Ausgaben könnten um mehrere Milliarden pro Jahr sinken. Die Wissenschaftler der Bertelsmann-Stiftung, des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung und RAND Europa arbeiteten sich zwei Jahre lang durch Datenberge und fanden dabei heraus, dass "europäischer Mehrwert" keine leere Formel bleiben muss, wenn die Mitgliedstaaten Chancen auch ergreifen.

Im Bereich der Außenpolitik könnten so beispielsweise zwischen 420 Millionen und 1,3 Milliarden Euro pro Jahr eingespart werden, wenn sich die Mitgliedstaaten auf gemeinsame diplomatische Vertretungen unter der EU-Flagge verständigen würden. Bertelsmann-Vorstand Aart de Geus: "Müssen Luxemburg und Belgien wirklich in jedem afrikanischen Land eine eigene Botschaft unterhalten?" Tatsächlich dürften die Ausgaben der Mitgliedstaaten um sechs bis 19 Prozent gegenüber dem heutigen Stand sinken, wenn man sich zu einem europäischen Konsulardienst entscheiden würde. Das Problem: Nationale Hoheitssymbole gibt man nicht gerne auf. Trotz eines eigenen außenpolitischen Dienstes der EU hat bisher kein EU-Land sein Botschaftsnetz verkleinert.

Auch bei der Verteidigung sehen die Experten großes Einspar-Potenzial. Eine gemeinsame europäische Armee könnte bei gleicher Aufgabenstellung und Schlagkraft von derzeit 890 000 auf 600 000 Soldaten reduziert werden. Je nach Umfang der Maßnahme käme man dann mit drei bis neun Milliarden geringeren Verteidigungsausgaben aus. Zwar habe man sich bereits auf Kooperationen bei technischem Gerät und Ausrüstung verständigt, heißt es in dem Papier. "Ineffizienzen beim Personal" seien bisher allerdings tabu.

Und auch die gemeinsame europäische Agrarpolitik komme die Nationalstaaten unterm Strich günstiger, als wenn sie die gleichen Aufgaben aus der eigenen Tasche finanzieren müssten. Subventions-Rivalitäten, politische und ökonomische Verzerrungen zwischen den Mitgliedern der Union werden nämlich durch eine EU-Harmonisierung vermieden. Allein im Jahr 2010 hätte die Bundesrepublik rund 23 Milliarden Euro mehr aus Steuergeldern aufwenden müssen, wenn sie den Bauern die Leistungen hätte zukommen lassen, die Brüssel angeboten hatte.

Der "europäische Mehrwert ist keine theoretische Größe", heißt das Fazit. Genau rechtzeitig, denn bei der Abfassung des EU-Etats für die kommenden sieben Jahre hatten die Staats- und Regierungschefs sowie die Kommission immer wieder betont, dass die vorhandenen Mittel effizienter ausgegeben werden sollen.

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