Westerwelles Botschaft findet nur teilweise Gehör

Istanbul

Istanbul. Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat bei seinem kurzfristig angesetzten Besuch in Istanbul mit einer Doppel-Botschaft aus Solidaritätsadressen und Besonnenheitsappellen in der Syrien-Krise nur teilweise Gehör gefunden: Den ersten Teil der Botschaft nahm Westerwelles türkischer Amtskollege Ahmet Davutoglu dankend an - der zweite Teil wird von der Türkei und auch von Syrien ignoriert. Die Eskalation geht weiter.Westerwelle warnt seit Monaten vor einem regionalen "Flächenbrand" wegen der Unruhen in Syrien und sieht sich durch die jüngsten militärischen Spannungen an der Grenze zwischen dem Nato-Partner Türkei und Syrien in seinen Warnungen bestätigt. Die Türkei könne auf die Solidarität Deutschlands und ihrer anderen westlichen Partner zählen, doch Ankara solle sich gleichzeitig um Mäßigung und Besonnenheit bemühen, sagte Westerwelle am Samstag in Istanbul. Für den Zwischenstopp am Bosporus hatte er seine Rückreise aus China unterbrochen. Deutlicher als bisher betonte Westerwelle sein Verständnis für die Entscheidung der Türkei, ein syrisches Passagierflugzeug wegen vermuteter militärischer Fracht in Ankara zur Landung zu zwingen. Deutschland hätte in einem solchen Fall wohl ähnlich gehandelt, sagte er. Nach türkischen Angaben befanden sich Rüstungsgüter in der Maschine; was genau, ist aber immer noch unklar.

Dennoch ist die Türkei überzeugt, richtig gehandelt zu haben. Seit dem Zwischenfall am vergangenen Mittwoch habe Syrien keinen Antrag mehr auf Nutzung des türkischen Luftraums gestellt, sagte ein türkischer Regierungsvertreter unserer Zeitung. "Das heißt, sie haben die Botschaft verstanden", sagte er über die Syrer. Als Antwort auf die Zwangslandung sperrte Syrien inzwischen seinen Luftraum für türkische Flugzeuge - eine rein symbolische Entscheidung, da türkische Fluggesellschaften auf Anweisung Ankaras schon seit Mittwoch den Himmel über Syrien meiden.

Davutoglu sagte nach dem Treffen mit Westerwelle, die Türkei schulde Deutschland und der Nato Dank für die öffentlich demonstrierte Solidarität in der Syrien-Krise. Gleichzeitig drohte der türkische Außenminister, sein Land werde im Falle weiterer Grenzverletzungen durch Syrien "das Notwendige tun".

Der syrische Vorschlag zur Bildung einer gemeinsamen Kommission zur Entschärfung der Lage an der 900 Kilometer langen Grenze wurde in Ankara als rein taktisches Manöver gewertet. Ankara glaubt nicht an die Darstellung der Syrer, dass es sich bei den Granateinschlägen der letzten zehn Tage um Querschläger handelte. Die türkische Regierung ist überzeugt, dass ihre Truppenverstärkungen an der Grenze das richtige Mittel sind, um die Syrer von weiterem Feuer auf türkisches Gebiet abzuhalten.

"Wenn diese Art von Stationierung dabei helfen kann, das Leben unserer Bürger zu retten, dann ist es gut", sagte ein Regierungsvertreter gestern mit Blick auf den Tod von fünf Zivilisten durch eine syrische Granate am 3. Oktober.

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