Weshalb sich das Leipziger Theater einen Hausphilosophen leistet

Saarbrücken. Nicht neu ist, dass Stadttheater sich einen Hausautor leisten - aber einen Philosophen? Seit der Spielzeit 2008/2009 ist der Korse Guillaume Paoli Hausphilosoph in Leipzig

Saarbrücken. Nicht neu ist, dass Stadttheater sich einen Hausautor leisten - aber einen Philosophen? Seit der Spielzeit 2008/2009 ist der Korse Guillaume Paoli Hausphilosoph in Leipzig. Sebastian Hartmann holte ihn sich zu Beginn seiner Intendanz ans Haus, so Paoli, der jüngst auf Einladung der Kulturpolitischen Gesellschaft und der Stiftung Villa Lessing in Saarbrücken referierte, wie der Osten den Westen kulturell befruchten könnte. Seit einem Jahrhundert rede man vom "Theater in der Krise", doch gerade derzeit bemerke er eine große Sehnsucht der Theatermacher, die Bühnen und deren gesellschaftliche Funktion und Relevanz neu zu definieren. Diese interne Reflexion zu begleiten, sei die eine Seite seiner Aufgaben, sagt Paoli. "Dramaturgen kümmern sich um die Stücke, ich versuche eine allgemeinere, strategische Diskussion zu führen." Kämen Schauspieler mit ihrer Rolle nicht weiter, fragten sie oft ihn um Rat. "Gerade weil ich die Vorgänge mit einer gewissen Naivität beobachte." Als Gründer der Berliner Debattier-Gruppe "Glückliche Arbeitslose" konnte Pauli sich in den 90ern vor Anfragen kaum retten. In Leipzig lädt er die Bürger einmal im Monat ins Foyer zur "Prüfgesellschaft für Sinn und Zweck". "Konspirative Treffen zur Verbreitung von Irritation in geistigen Gegenden, wo Konsens herrscht", nennt er seine Reihe mit Wiglaf Droste, Motivationstrainern oder Walter Benjamin-Experten als Gästen. Jeden Montag hält er auch Einzelsprechstunden ab. Manager wie Arbeitslose besuchten seine "Philosophische Praxis" im Theater, um über den Sinn des Lebens nachzudenken. Das Leipziger Theater sei heute für die Stadt eigentlich viel zu groß. "Deshalb müssen wir es als Begegnungsort neu beleben", sagt Paoli. sbu

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