Studie der Saar-Uni „Wer sind diese Flüchtlinge?“

Saarbrücken · Im Durchschnitt sind Flüchtlinge gewissenhaft, offen und verträglich – das stellte Elisabeth Hahn von der Universität des Saarlandes im ersten Teil einer Studie fest. Eine zweite Erhebung soll diese Ergebnisse nun überprüfen.

 Elisabeth Hahn.

Elisabeth Hahn.

Sie wohnten in zerbombten Städten, mussten um ihr Leben und die Leben ihrer Freunde und Verwandten bangen. Umstände, die insgesamt 17 323 Flüchtlinge in den vergangenen zwei Jahren zur Flucht ins Saarland zwangen - Endstation ihrer beschwerlichen Reise: die Landesaufnahmestelle in Lebach. Im Frühjahr 2016 fanden sich 260 dieser Flüchtlinge in einer ganz anderen Situation wieder: Sie alle nahmen an der Studie "Wege in Deutschland" der Psychologin Elisabeth Hahn von der Universität des Saarlandes teil. Fragebögen lagen auf den Tischen vor ihnen, übersetzt ins Arabische. Ein Dolmetscher half bei Unklarheiten.

Gemeinsam mit Dr. Nida Bajwa und Juniorprofessor Martin Obschonka befragte Hahn die Flüchtlinge - hauptsächlich aus Syrien - nach ihrer Biografie, ihren Fluchterlebnissen, ihrer Persönlichkeit sowie ihrer Zukunftsperspektive. "Es hat sich gezeigt, dass viele Flüchtlinge in meiner Stichprobe gut gebildet sind und zudem eine recht hohe Bereitschaft zeigen, in Deutschland einen weiteren Abschluss oder eine Ausbildung zu erlangen oder zu absolvieren”, erklärt die Psychologin. Der Großteil der Testgruppe bestand mit 78 Prozent aus Männern. "Tendenziell schätzen sich die Flüchtlinge als gewissenhafter, offener und verträglicher sowie weniger neurotisch ein als die deutsche Vergleichsgruppe", führt die Forscherin weiter aus.

Wie es zu der Studie kam? "Als Therapeutin hatte ich viel mit Flüchtlingen zu tun, und auch an der Uni gab es häufig Diskussionen wegen der Aufnahmeverfahren", berichtet Hahn. Außerdem machte sich Empörung über die Fülle von Leistungen, die die Flüchtlinge vermeintlich vom Staat erhalten, breit. Also wollte sie es genauer wissen: Wer sind diese Menschen?

Das Ergebnis habe sie nicht überrascht. "Ich hatte schon eine grobe Vorstellung durch meine Arbeit als Psychologin, aber ob das für die breite Masse gilt, wusste ich nicht", sagt Hahn. Doch mit der sehr positiven Einstellung der Teilnehmer habe sie nicht gerechnet. "Und das obwohl sich einige Flüchtlinge selbst oft als einsam einschätzen und unter Symptomen von posttraumatischen Belastungsstörungen leiden", erzählt sie. Zum Vergleich dient Hahn eine Gruppe, die in Alter und Geschlecht ähnlich wie die befragten Flüchtlinge zusammengesetzt wurde.

 Der Campus der Universität des Saarlandes (Symbolbild).

Der Campus der Universität des Saarlandes (Symbolbild).

Foto: BeckerBredel

"Die Ergebnisse sind allerdings wissenschaftlich noch nicht gesichert", sagt Hahn. Um herauszufinden, ob und wie die Angaben der Flüchtlinge kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland mit ihrer weiteren Entwicklung hier in Deutschland zusammenhängen, soll im Frühjahr 2017 eine weitere Befragung starten. Dann werden dieselben Flüchtlinge erneut über ihren zwischenzeitlichen Werdegang und ihre aktuelle Gemütsverfassung befragt. Stellt sich heraus, dass sie ihre angegebene hohe Leistungsbereitschaft umsetzen konnten, wäre die Hypothese, dass Flüchtlinge im Schnitt motiviert sind und etwas leisten wollen, untermauert.

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