Wenn Schinken dem Klima schadet

Ein Kilogramm Schnitzel mit Pommesberg - nur 17,90 Euro: Das steht auf der Tafel vor dem Restaurant "Schnitzel-König" in Berlin. Riesen-Hamburger, extra große Portionen Spare Ribs und Schnitzel in XXXXL stehen auf der Karte. Günter Jungnickel kommt regelmäßig hier her. "Weil's mir schmeckt", sagt er

Ein Kilogramm Schnitzel mit Pommesberg - nur 17,90 Euro: Das steht auf der Tafel vor dem Restaurant "Schnitzel-König" in Berlin. Riesen-Hamburger, extra große Portionen Spare Ribs und Schnitzel in XXXXL stehen auf der Karte. Günter Jungnickel kommt regelmäßig hier her. "Weil's mir schmeckt", sagt er. Auf Fleisch zu verzichten, könnte er sich - wie viele andere Deutsche auch - so gar nicht vorstellen. 85 Prozent der Bundesbürger essen täglich oder mehrmals die Woche Fleisch.Dass diese Essgewohnheiten nicht nur negative Folgen für die Gesundheit, sondern auch für die Umwelt haben, ist dabei schon länger bekannt. Die Umweltstiftung World Wildlife Fund (WWF) hat jetzt in einer neuer Studie "Klimawandel auf dem Teller" errechnet, dass sie dem Klima sogar mehr schaden als der Verkehr auf den Straßen. Von den jährlich 950 Millionen Tonnen Emissionen in Deutschland entsteht ein Fünftel durch unsere Ernährung, etwa durch Viehhaltung, energieintensive Landbewirtschaftung sowie Herstellung und Lagerung der Endprodukte. Überraschend ist: Der Verkehrssektor trägt nur etwa 16 Prozent bei.

Auf Steak und Co. wollen viele Deutsche aber nicht verzichten. Müssen sie auch gar nicht komplett, sagt die Umweltstiftung. "Schon kleine Veränderungen in unseren Gewohnheiten können in der Gesamtheit zu großen Effekten führen", sagt WWF-Expertin Tanja Dräger de Teran. Verzichtet jeder Deutsche einmal in der Woche auf Fleisch, sinkt der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen um neun Millionen Tonnen - das entspricht etwa 75 Milliarden Kilometern mit dem Auto. "Der Verzicht auf Schinkenbrötchen oder Hamburger ist aktiver Klimaschutz", so die Referentin für Klimaschutz und Ernährung.

Derzeit sei der Trend aber umgekehrt. So stieg der durchschnittlich Pro-Kopf-Fleischverbrauch in Deutschland zwischen 2009 und 2010 um zehn auf 677 Kilogramm. "Im Ergebnis bedeutet das ein Mehr von 40 Millionen Tonnen CO2 und einen erhöhten Flächenverbrauch im Ausland von 215 000 Hektar", sagte Dräger de Teran. Dies entspreche der Größe des Saarlandes.

Isst jeder Bundesbürger nur die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in Bonn empfohlene Menge von exakt 450 Gramm pro Woche, sind es sogar 27 Millionen Tonnen. Eine Reduzierung der Lebensmittelverschwendung würde den Ausstoß um weitere 40 Millionen Tonnen verringern. Rund 80 Kilogramm Lebensmittel schmeißt jeder Deutsche im Jahr weg, mehr als die Hälfte davon wäre vermeidbar. Allein durch eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten ließe sich der Gesamtausstoß an Treibhausgasen schon um sieben Prozent verringern. Die Zahl ist vergleichbar mit den Emissionen von Portugal oder von 5,5 Millionen Neuwagen auf einer Strecke von rund 100 000 Kilometern.

Wie sehr ihr Essverhalten dem Klima schadet, darüber haben Jungnickel und seine Begleiterin Gunda Schmidt noch nie nachgedacht. Einmal pro Woche ohne Fleisch auszukommen? "Das sollte man mal überlegen." Thomas aus Berlin ist seit Januar 2003 Veganer. Ihm fehlt nichts, er greift zu pflanzlichen Ersatzprodukten und schont damit das Klima. "Die Sachen werden immer besser." Da ist sich der 34-Jährige ganz sicher.

Fast ein Fünftel der globalen Treibhausgase wird durch die Viehwirtschaft verursacht. Die Umweltstiftung WWF warnt die Deutschen daher davor, die enormen Auswirkungen ihrer Ernährung beim Klimaschutz zu vergessen.

Mit Blick auf die anstehende Klimakonferenz in Doha betont beispielsweise Hermann Lotze-Campen vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, dass ein globales System der Treibhausgasregulierung notwendig sei. "Wenn wir in Deutschland unser Verhalten ändern, aber nirgendwo anders was passiert, könnte das sogar negative Effekte haben."

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