Was hat Steinmeier, was Gauck nicht hat?

Berlin · Frauen, Familie, Anliegen: Darin unterscheiden sich die Politiker.

 Joachim Gauck erhielt 2012 bereits im ersten Wahlgang 991 von 1228 gültigen Stimmen. Fotos: dpa

Joachim Gauck erhielt 2012 bereits im ersten Wahlgang 991 von 1228 gültigen Stimmen. Fotos: dpa

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Der Alte geht, der Neue kommt: Frank-Walter Steinmeier (61) wird aller Voraussicht nach am Sonntag zum zwölften Bundespräsidenten gewählt werden. Er zieht dann für Joachim Gauck (77) ins Schloss Bellevue ein. Was hat der eine, was der andere nicht hat? Und wo ähneln sie sich persönlich und politisch? Ein Vergleich.

Die Beliebtheit. Beliebt zu sein, ist beiden qua Amt gegeben. Steinmeier hat davon profitiert, dass Außenminister in Deutschland traditionell hohes Ansehen genießen. Gauck sind die Herzen zugeflogen, weil er im Vergleich zu seinem Vorgänger Christian Wulff als der bessere Kandidat galt. Kein Politiker, sondern ein Feingeist. Eine Mehrheit der Deutschen findet beide nach wie vor gut. Wobei zur Wahrheit gehört, dass Gaucks Fangemeinde im Osten des Landes deutlich geringer ist als im Westen.

Der Familienstand. Steinmeier ist mit Elke Büdenbender verheiratet, eine Studienliebe. Beide haben eine jugendliche Tochter. Er selbst hat mal erzählt, dass er alles versuche, um wenigstens einmal in der Woche bei seiner Familie zu sein. Steinmeier legt Wert darauf, dass in der Familie ein offenes Wort geführt wird. In seinem Haus in Berlin-Zehlendorf will er auch als Präsident wohnen bleiben. Joachim Gauck ist zwar verheiratet, First Lady ist aber seine Lebensgefährtin Daniela Schadt geworden. "Die Verhältnisse sind geordnet, nur eben anders", hat er mal gesagt. Gauck hat vier erwachsene Kinder.

Die Frauen. Daniela Schadt, frühere Journalistin, hat ihren Job aufgegeben und die Herausforderung als First Lady gemeistert. Steinmeiers Frau Elke Büdenbender wollte ihren Job als Verwaltungsrichterin weiter ausüben. Laut "Spiegel" lässt sie ihn jetzt aber ruhen. Das Gericht hatte Bedenken.

Die Reden. Bei seiner letzten Rede als Außenminister Ende Januar im Bundestag zeigte sich Steinmeier leidenschaftlich und tiefgründig. Sein Plädoyer für die Demokratie klang wie eine verspätete Bewerbungsrede für das Präsidentenamt. Als einst oberster Diplomat weiß Steinmeier um die Bedeutung von Worten. Er ist eigentlich keiner, der seine Zuhörer rhetorisch mitreißt. Es sei denn, er wird zornig. Aber intellektuell ist er durchaus ein Schwergewicht. Gauck ist auch kein Volkstribun, aber im Amt kommt es auf die Botschaft an, und die hatte er. Seine Inhalte brachten ihm den Titel "Mahner" und "Versöhner" ein.

Die Überzeugungen. Gaucks Präsidentschaft hatte einen roten Faden - die Freiheit. Sie ist für ihn das Allerwichtigste. Durch das Auseinanderdriften der Gesellschaft kam noch ein Thema hinzu: Die Menschen sollten weniger Furcht vor Veränderung haben. Der Zusammenhalt dürfte auch Steinmeiers Präsidentschaft prägen. Kritiker werfen ihm vor, dass er bis heute ein Verfechter der Agenda 2010 ist. Und während Gauck sich in der DDR-Bürgerbewegung politisierte, waren dies bei Steinmeier die Nachwehen der westdeutschen Studentenunruhen von 1968.

Die Emotionen. Steinmeier hat sich im Griff, er ist meist kontrolliert und freundlich, aber selten überschwänglich. Ein guter Witz lässt ihn aber laut losbrüllen. Er hat auch Distanz zu sich selbst. Etwas, was Gauck mitunter fehlte. Der frühere Pfarrer wurde häufig von seinen eigenen Worten übermannt. Betroffen zu sein, war so etwas wie Gaucks Markenzeichen als Präsident. Allerdings ist er genau deshalb in Krisensituationen ein guter und glaubhafter Seelsorger gewesen. Ob Steinmeier das kann, muss er noch beweisen.

 Für Favorit Steinmeier (SDP) deutet sich kein Krimi an, obwohl einige Gegenstimmen aus der Union drohen.

Für Favorit Steinmeier (SDP) deutet sich kein Krimi an, obwohl einige Gegenstimmen aus der Union drohen.

Die Vorlieben. Steinmeier war einst leidenschaftlicher Fußballer beim TuS Brakelsiek, heute ist er mit gleicher Leidenschaft Schalke-Fan. Er ist Biertrinker und isst am liebsten die Hausmacherrouladen seiner Mutter. Gauck steht auf Bratkartoffeln mit Quark und Schwarzbrot, dazu ein Glas Weißwein. Gauck war mal Handballspieler. Sein Lieblings-Verein ist Hansa Rostock. Bellevue wechselt also weiß-blau in blau-weiß.

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