War Attentäter Mateen ein Schwulenhasser – oder selbst homosexuell?

Orlando · Omar Mateen tötet in einem Schwulenclub 49 Menschen. Nun kommt heraus: Der Attentäter nutzte Gay-Apps und war regelmäßig Gast im „Pulse". Wenn er Alkohol trank, wurde es unangenehm.

Warum massakrierte Omar Mateen 49 Menschen und verletzte über 50 weitere im "Pulse"-Club, einer populären Schwulenbar in Orlando ? Diese Frage beschäftigt seit drei Tagen die Ermittler in den USA. Schon früh zeichnete sich ab: Bei dem 29-Jährigen handelt es sich um einen islamistisch radikalisierten Einzeltäter ohne Zugehörigkeit zu irgendeinem Extremistennetzwerk. Auch wenn er offen mit dem Islamischen Staat sympathisierte. Doch reicht das als Motiv?

Offenbar nicht. US-Medienberichten zufolge pflegte Wachmann Mateen, der eigentlich Polizist werden wollte, enge Kontakte zur Homosexuellen-Szene in Florida - und er war Stammgast im "Pulse". Ty Smith, ebenfalls Stammgast des Clubs sagte der Zeitung "Orlando Sentinel", Mateen habe in der Bar manchmal allein getrunken, manchmal "war er so betrunken, dass er laut und aggressiv wurde". Er habe Mateen mindestens ein Dutzend Mal in dem Club gesehen. "Wir haben nicht viel mit ihm geredet, aber ich kann mich erinnern, dass er mal etwas über seinen Vater gesagt hat." Auch habe der Sohn afghanischer Einwanderer erzählt, dass er Frau und Kinder habe. Ein anderer "Pulse"-Gast, Kevin West, sagte der "Los Angeles Times", Mateen habe ihn über eine schwule Dating-App immer wieder kontaktiert. Auch andere Clubgänger sagten dem Sender MSNBC News, der spätere Attentäter sei über mehrere Gay-Apps, darunter auch das populäre Grindr, auf der Suche nach Verabredungen gewesen. War Mateen am Ende also auch schwul?

Angehörige und Bekannte beschrieben Mateen zumindest als instabile Persönlichkeit, die zu Gewalt und Homophobie neigte. Mateens Frau Noor Zahi Salman verweigert bislang die Zusammenarbeit mit den Ermittlern. Seine Ex-Frau Sitora Yusufiy sagte dagegen aus: Mateen habe sie geschlagen - und er habe homosexuelle Neigungen. "Ich denke, es war eine Seite oder ein Teil von ihm, das er hatte, aber er wollte, dass niemand davon erfährt", wird seine Ex-Frau gestern zitiert.

Spätestens hier rückt Mateens Vater in den Fokus der Ermittlungen. Siddique Mir Mateen ist eine schillernde Figur in der politischen Gemeinschaft der afghanischen Minderheit in den USA. Er unterhält eine eigene TV-Show mit Videos auf Youtube, in der er tief konservative Ansichten vertritt. Die Berichte in den USA nähren zumindest teils den Verdacht, dass die Motive des in Amerika geborene Attentäters afghanischer Abstammung neben der von den Ermittlungsbehörden bevorzugten Radikalisierungsthese auch in einem tiefen Hass auf Homosexualität zu suchen sein könnten.

Als sicher gilt allerdings: Mateen hatte sich während des Angriffs in einem Anruf bei der Polizei als Gefolgsmann von IS-Anführer Abu Bakr al-Baghdadi bezeichnet. Die Dschihadistenmiliz bezeichnete ihrerseits in einer Erklärung den 29-Jährigen als "Soldaten des Kalifats". Das FBI nimmt dennoch bislang eher an, dass Mateen als "einsamer Wolf" handelte, der sich offensichtlich über das Internet radikalisiert habe. Das FBI hatte Mateen drei Mal wegen islamistischer Tendenzen vernommen, die Ermittlungen aus Beweismangel eingestellt. US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton kündigte an, bei einem Wahlsieg stärker gegen potenzielle terroristische Einzeltäter vorzugehen. Sie werde den Kampf gegen diesen als "einsamen Wolf" bezeichneten Tätertypus zur "obersten Priorität" machen.

Unterdessen gewann die Debatte um strengere Waffengesetze in den USA wieder an Fahrt. Der UN-Menschenrechtsbeauftragte Zeid Ra'ad Al Hussein rief die US-Regierung auf, ihre Verpflichtung ernstzunehmen, die Bürger vor den "erschreckend alltäglichen, aber verhinderbaren Gewaltakten, die ein direktes Ergebnis einer ungenügenden Waffenkontrolle sind", zu schützen. Es sei rational kaum zu begründen, wie selbst labile oder gewalttätige Menschen in den USA derart leicht Schusswaffen, selbst Sturmgewehre, kaufen könnten, sagte Zeid.

US-Präsident Barack Obama war im Verlauf seiner achtjährigen Amtszeit mit mehreren Initiativen zur Verschärfung des Waffenrechts am Widerstand des Kongresses gescheitert.

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