Wahlkampf zwischen Harmonie und kalkuliertem Streit

Saarbrücken · Im Kabinett ziehen die Spitzenkandidatinnen an einem Strang. Der Wahlkampf verlangt auch Konfrontation. Schaffen sie das? Wollen sie das?

 Ein Blick sagt mehr als tausend Worte: Kramp-Karrenbauer (links) und Rehlinger waren gestern teilweise ungewohnt streitlustig. Fotos: Oliver Dietze

Ein Blick sagt mehr als tausend Worte: Kramp-Karrenbauer (links) und Rehlinger waren gestern teilweise ungewohnt streitlustig. Fotos: Oliver Dietze

Die eine trägt Königinnenblau und fällt der anderen öfter mal ins Wort. Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ließ gestern im Studio 3 des Saarländischen Rundfunks auf dem Halberg keinen Zweifel an ihrer Position. Verbale Schärfe braucht sie dafür nicht, ihre energische Gestik genügt. Wenige Minuten zuvor, in der Maske, wirkte sie ganz anders, konzentriert bis zur Angespanntheit. Ein großer Tag? "Es ist nur ein Duell. Fertig." Kramp-Karrenbauer sagt, sie werde die professionell-respektvolle Tonart gegenüber ihrer Wirtschaftsministerin nicht ändern, nur um Erwartungen zu genügen, sie müsse im Wahlkampf die Boxhandschuhe anlegen. "Man wird nicht dadurch besser, dass man andere schlecht macht."

Nahezu wortgleich äußert sich kurz darauf Anke Rehlinger (SPD): "Ich sehe keinen Grund, warum wir uns persönlich verhaken sollten." Und auch, wenn beide Frauen darüber sprechen, mit welchem optischen Auftritt sie die Öffentlichkeit für sich gewinnen wollen, formulieren sie zwillingshaft Gleiches. Authentisch wollen sie sein, beide lehnen ein aufgeschminktes Image und Plakat-Schönfärberei ab. "Jede meiner Falten ist hart erarbeitet", meint Kramp-Karrenbauer. "Mich gibt's nur so oder gar nicht", sagt Rehlinger. Sie ist später aufgetaucht, in gelöster Stimmung, ihre sagenhafte Lache füllt den Raum. Foppereien mögen beide Frauen, so reden sie auch miteinander. Am Ende wogen "good vibrations" bis auf den Flur. Welch eine Herausforderung für die Moderatoren. Müssen sie die Damen zum Jagen tragen? So schlimm wird's dann doch nicht. Eher ein streitbarer Talk der Vernünftigen und emotional Beherrschten. Punktuell lieferte er sogar subtil Amüsantes. Denn die Kontrahentinnen hatten sich offensichtlich beide vorgenommen, der anderen auf keinen Fall das letzte Wort zu gönnen. Das klang dann fast so, als streite sich ein altes Ehepaar - aus Gewohnheit, ums Prinzip.

Wird sich der Saar-Wahlkampf also im Schlafwagenabteil abspielen? Völlig ausgeräumt hat das zweite große Aufeinandertreffen der Kandidatinnen diese Befürchtung nicht - das erste, deutlich moderatere Duell fand kürzlich beim Arbeitskreis Wirtschaft statt. Auch diesmal nutzte Kramp-Karrenbauer jede Gelegenheit, um die "erfolgreiche Zusammenarbeit" in der großen Koalition herauszuheben. "Wir machen eine kluge Wirtschaftspolitik", sagte sie. Besser kann man Rehlinger wohl kaum den Gegenwind aus den Segeln nehmen. Die rieb sich dann lieber an Saar-Innenminister Klaus Bouillon (CDU) oder an der Maut von Alexander Dobrindt (CSU), sprach von "Murks" und "Quatsch". Neue, kalkulierte Angriffslust? Zahlt sich das aus? Sozialpsychologen behaupten, Zickenkriege seien beim Wähler besonders unbeliebt. Andererseits wird Frauen ein allzu harmonisches Miteinander als mangelnder Durchsetzungswillen ausgelegt. Aber wie sehen sie aus, die erfolgreichen Waffen der Frauen im weiblichen Wahlkampf? Darauf sucht man im Saarland in beiden Lagern noch nach einer Antwort.

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