Frankreich Die Nationalversammlung marschiert

Paris · Die Partei von Emmanuel Macron hat die absolute Mehrheit im Parlament gewonnen.

 Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron gestern bei der Stimmabgabe. Er kann mit einer überragenden Mehrheit seiner Partei LREM in der künftigen Nationalversammlung rechnen. 

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron gestern bei der Stimmabgabe. Er kann mit einer überragenden Mehrheit seiner Partei LREM in der künftigen Nationalversammlung rechnen. 

Foto: dpa/Christophe Archambault

Emmanuel Macron nutzte das Wochenende zur Freizeitgestaltung. Radeln mit Frau Brigitte und Tennis standen für den französischen Präsidenten auf dem Programm. Der 39-Jährige konnte sich im schicken Badeort Le Touquet entspannt seinen Hobbys widmen, denn politisch stand für ihn nichts auf dem Spiel. Seiner Partei La République en Marche (LREM) war die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung nicht mehr zu nehmen. Mindestens 352 der 577 Sitze gewannen die „Macronisten“ laut Hochrechnungen in der zweiten Runde der Parlamentswahlen. Allerdings fiel ihr Erfolg geringer aus als in den letzten Umfragen vor der Wahl erwartet. 61 Prozent der Franzosen hatten vor der Abstimmung gesagt, das erdrutschartige Ergebnis der ersten Runde „korrigieren“ zu wollen.

„Die Franzosen haben uns zur ersten politischen Kraft gemacht“, sagte LREM-Staatssekretär Mounir Mahjoubi im Fernsehsender BFMTV. Der 33-Jährige gewann seinen Wahlkreis in Paris ebenso wie die anderen Minister Macrons. Das galt sowohl für Finanzminister Bruno Le Maire als auch für Wohnungsbauminister Richard Ferrand, der in eine Begünstigungsaffäre verwickelt ist. Der Sieg der erst vor 14 Monaten von Macron gegründeten Bewegung En Marche ging auf Kosten der traditionellen Parteien. Die konservativen Republikaner konnten nur mit maximal 128 Abgeordneten rechnen, nachdem sie in der alten Nationalversammlung noch 199 hatten. Ihre Kandidaten behaupteten sich aber vor allem auf dem Land besser als erwartet gegen LREM.

Die Sozialisten, die bisher mit 292 Mandaten die Mehrheit im Palais Bourbon stellten, kamen nur noch auf maximal 35 Abgeordnete. Parteichef Jean-Christophe Cambadélis zog sofort die Konsequenzen und kündigte seinen Rücktritt an. „Die Linke muss alles ändern: nicht nur die Form, sondern auch die Grundlagen. Ihre Ideen und ihre Organisation“, sagte der Kandidat für einen Sitz in Paris, der schon in der ersten Runde ausgeschieden war. An seine Stelle soll nun erst einmal eine kollektive Parteiführung treten, die den Parti Socialiste (PS) erneuern soll. „Der Nebel wird sich schneller lichten als geglaubt“, machte der PS-Chef seinen Genossen Mut.

Fast so stark wie die Sozialisten wurde La France Insoumise des Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon, der Hochrechnungen zwischen 15 und 25 Parlamentarier voraussagten. Mélenchon kündigte an, dass seine Partei damit den begehrten Fraktionsstatus geschafft habe. Gleichzeitig gab der Volkstribun den Ton für die kommenden fünf Jahre vor: „Wir werden keine Meter sozialen Bodens ohne Kampf überlassen“, sagte er mit Blick auf die von Macron geplante Reform des Arbeitsrechts.

Der rechtspopulistische Front National verfehlte dagegen die Fraktionsgröße. Mit mindestens sechs Abgeordneten schnitt die Partei von Marine Le Pen allerdings besser ab als bei den Parlamentswahlen vor fünf Jahren, als sie nur zwei Sitze gewonnen hatten. Le Pen zieht für ihren Wahlkreis Hénin-Beaumont ins Palais Bourbon. Auch ihr Lebensgefährte Louis Aliot gewann einen Parlamentssitz ebenso wie Gilbert Collard, der bereits für den FN in der Nationalversammlung saß. Eine Niederlage erlitt dagegen Partei-Vize Florian Philippot in seinem lothringischen Wahlkreis Moselle. Le Pen schaltete noch am Sonntagabend in den Kampfmodus um und kündigte eine massive Opposition in der Nationalversammlung an: „Wir werden mit aller Kraft gegen die Projekte der Regierung kämpfen.“ Die Wahlbeteiligung lag mit rund 42 Prozent so niedrig wie noch nie seit Gründung der Fünften Republik 1958.

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