Wahl ohne klaren Favoriten

Münster/Trier · Vor der Wahl des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz gibt es weiterhin keinen klaren Favoriten. Hat am Ende sogar der Trierer Bischof Stephan Ackermann eine Chance? Ausgeschlossen ist das nicht.

Der katholischen Kirche stehen weitreichende Veränderungen ins Haus. Heute entscheiden mehr als 60 Bischöfe, wer künftig an der Spitze der Bischofskonferenz steht. Robert Zollitsch gibt mit 75 Jahren nach einer sechsjährigen Amtszeit den Vorsitz ab. Die Wahl eines neuen Vorsitzenden gibt die Richtung der katholischen Kirche in Deutschland in den kommenden Jahren vor.

Einen klaren Favoriten gibt es nicht. Immer wieder wird Franz-Josef Overbeck (49) genannt. Der Ruhrbischof gilt als aufgeklärt-konservativ und positioniert sich mit klaren Grundsätzen. Der katholischen Kirche sagte Overbeck einen tiefgreifenden Wandel voraus. Dem traditionellen Pfarreisystem gibt er keine Zukunft mehr. Das Geschlechterverhältnis nennt Overbeck, der auch Militärbischof ist, als eines der zentralen Zukunftsthemen.

Aus dem konservativen Lager wird wiederholt der Bischof von Münster, Felix Genn, ins Gespräch gebracht. Genn gilt als fromm mit einer starken geistlichen Ausrichtung. In gesellschaftspolitischen Fragen war die Stimme Genns bislang weniger zu vernehmen. Erst im Dezember 2013 hat ihn Papst Franziskus in die Bischofskongregation nach Rom berufen. In der Deutschen Bischofskonferenz ist der 64-Jährige Vorsitzender der Kommission für Geistliche Berufe und kirchliche Dienste.

Als liberalem Kirchenmann werden dem Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode Chancen bescheinigt. Der 63-Jährige gilt als nachdenklich, ein Mann ruhiger Töne, der sich als Jugendbischof profilieren konnte. Bode hat sich zudem als Vermittler einen Namen gemacht. Die Wahl Bodes würde als Signal gewertet für eine Ausrichtung der Bischofskonferenz, die sich von Reformanstößen, wie sie Papst Franziskus bewiesen hat, leiten lässt. Seit 2010 ist Bode Vorsitzender der Pastoralkommission der Bischofskonferenz. Ein weiterer Name, der als Zollitsch-Nachfolger wiederholt genannt wurde, ist der Berliner Erzbischof Rainer Maria Woelki (57). Der Kardinal, der dem Kreis um den inzwischen emeritierten Kölner Kardinal Meisner zuzurechnen ist, hat sich in der Bundeshauptstadt wiederholt in soziale Debatten eingemischt.

Auch der Trierer Bischof Stephan Ackermann (50) ist im Gespräch, ob er sich Chancen ausrechnen darf, bleibt jedoch offen. Ackermann hatte sich als Missbrauchsbeauftragter der Bischofskonferenz nicht vor deutlichen Worten gescheut. Er ist jedoch auch ein Theologe, der polarisieren kann, wie seine Forderungen nach einem Umdenken in der katholischen Sexualmoral jüngst zeigen.

Eines zeichnet sich ab: Die Wahl des machtbewussten Münchner Erzbischofs, Reinhard Marx, der schon vor sechs Jahren als Vorsitzender der Bischofskonferenz gehandelt wurde, ist eher unwahrscheinlich. Marx, der seit 2013 auch Mitglied in dem von Franziskus berufenen Kardinalsrat zur Kurienreform ist, baut seit einiger Zeit sein Wirkungsfeld in Rom aus: Seit dem Wochenende ist der 60-Jährige Koordinator des neuen Wirtschaftsrats im Vatikan. Diese Machtfülle spricht gegen ein weiteres Amt für den Münchner Kardinal.

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