Waffen für Syrien entzweien die EU

Brüssel · Die EU-Außenminister streiten in Brüssel – doch in Sachen Waffen für die Rebellen in Syrien kommen sie auf keinen gemeinsamen Punkt. Während Paris und London liefern wollen, weigern sich Österreich und andere völlig.

Eigentlich wollten die Außenminister der EU die Sanktionen gegen Syrien verschärfen. Erreicht haben sie möglicherweise das Gegenteil: Am Freitag könnten die bisherigen Sanktionen gegen das Assad-Regime auslaufen. Diese Anzeichen verdichteten sich gestern Abend in Brüssel beim Treffen der 27 EU-Außenminister. Kurz vor Mitternacht wollten die Minister noch einen letzten Versuch zur Einigung unternehmen. Im Falle eines Scheiterns der Gespräche könnte der Diktator sogar westliche Technologie importieren und sein Öl verkaufen. Die Vertreter des Regimes würden in die EU einreisen dürfen. "Ich bin tief enttäuscht", sagte der österreichische Außenminister Michael Spindelegger. Aber die Positionen der Mitgliedstaaten lagen sehr weit auseinander. Während Frankreich und Großbritannien die Opposition mit Waffen beliefern wollten, um dem Druck der Regierungstruppen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad standhalten zu können, weigerten sich Österreich und einige weitere Länder, überhaupt über eine militärische Option zu reden. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte sich als Moderator der beiden Lager versucht. Dabei hatte es am Nachmittag zunächst so ausgesehen, als habe man sich angenähert. Auf dem Tisch lag ein Kompromiss, der vor allem einen Sinn hatte: den Druck auf Assad wenige Tage vor der Internationalen Friedenskonferenz Anfang Juni in Genf zu erhöhen. In dem Papier war vorgeschlagen worden, mit einer Lieferung von Militärgütern, die "dem Schutz der Zivilbevölkerung" dienen, zunächst bis zum 1. August zu warten. Dann hätten die Außenamtschef der Gemeinschaft jeweils einstimmig über einzelne Lieferungen entscheiden müssen. Gleichzeitig sollten die bestehenden Sanktionen allerdings um ein Jahr verlängert werden. "Wir sind der Überzeugung: Je entschlossener die EU handelt, desto größer ist auch unser Einfluss in der Region", sagte Westerwelle im Ministerrat. "Ich bedauere, dass eine Einigung auf die Textvorschläge nicht möglich war", erklärte Spindelegger und gab dafür vor allem Paris und London die Schuld. Die EU stünde damit vor einem Dilemma ihrer Syrien-Politik. Ausgerechnet vor dem Beginn der Verhandlungen mit dem Assad-Regime in Genf gäbe die Union ihr wichtigstes Instrument gegen Syriens Machthaber aus der Hand. Das Ergebnis dürfte nach Einschätzung von Beobachtern in Brüssel ein Auseinanderfallen der außenpolitischen Linie der Mitgliedstaaten sein. Nachdem Frankreich und Großbritannien offen für eine Lockerung des bisherigen Waffenembargos eingetreten waren, wollen sie auch zügig liefern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort