Wachsende Kritik an Vorratsdatenspeicherung

Berlin · Erstmals befasst sich der Bundestag heute mit dem umstrittenen Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Schon jetzt ist klar: Die Opposition wird den Entwurf von Justizminister Maas zerpflücken.

Die Kritik an der geplanten Vorratsdatenspeicherung nimmt vor der ersten Beratung des Gesetzentwurfs im Bundestag zu. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages mahnt in einem Gutachten Korrekturen an. Es bestünden Unklarheiten, etwa hinsichtlich der "Löschung von Daten, die von vornherein für die Erhebungszwecke unerheblich sind", heißt es darin.

Ein zweites Gutachten sollte prüfen, ob der Entwurf europarechtliche Vorgaben erfüllt. Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums erklärte gestern dazu: "Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofes halten wir genauestens ein."

Dagegen hatte die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, in den Gutachten werde bemängelt, dass der Entwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD ) in mehreren Punkten nicht die verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben erfülle. Dabei gehe es zum Beispiel um die Information der Betroffenen und um den mangelnden Schutz von Anwälten und anderen Berufsgeheimnisträgern. Der Entwurf sieht vor, dass Verbindungsdaten von Berufsgeheimnisträgern gespeichert, aber nicht verwendet werden dürfen.

Der Bundestag berät über den Gesetzentwurf erstmals am heutigen Freitag. Nach ihm sollen Telekommunikationsdaten zehn Wochen gespeichert werden, damit Ermittler bei der Terrorismus- und Verbrechensbekämpfung darauf zugreifen können.

Verbände und Unternehmen der Medienbranche verlangten einen Verzicht auf die Vorratsdatenspeicherung . Diese würde den für Journalisten unverzichtbaren Informanten- und Quellenschutz aushebeln, hieß es zur Begründung. "Sollte das Gesetz Realität werden, können Journalisten ihren Quellen keinen Schutz vor Aufdeckung mehr bieten."

Der 66. Deutsche Anwaltstag in Hamburg lehnte das Gesetz ebenfalls mit der Begründung ab, dass der Schutz von Berufsgeheimnisträgern unzureichend sei. "Die anlasslose Speicherung der Verbindungsdaten von sämtlichen Bürgerinnen und Bürgern (...) ist nicht notwendig", hieß es weiter.

Minister Maas kritisierte bei der Eröffnung des Anwaltstags scharf die umfangreiche Speicherung privater Daten durch Internetunternehmen: "Die meisten Daten speichert nicht die NSA, nicht der BND, nicht das BKA, nicht irgendeine Ermittlungsbehörde, die meisten Daten speichern Google, Facebook und Whatsapp." Die Kritiker seines Gesetzentwurfs zur Vorratsdatenspeicherung sollten sich auch in diesem Bereich für die Freiheit in der digitalen Welt einsetzen.

Meinung:

Schwerer Gang für Maas

Von SZ-KorrespondentStefan Vetter

Das wird ein schwerer Gang für den Bundesjustizminister werden, wenn er die hoch umstrittene Vorratsdatenspeicherung heute im Bundestag verteidigen muss. Bekanntlich hat Heiko Maas die verdachtsunabhängige Massenspeicherung von Verbindungsdaten selbst lange Zeit vehement abgelehnt. Nun wird seine Vorlage auch noch vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages kritisiert. In der SPD schlagen die Wellen besonders hoch. Dabei ist es höchste Zeit, ideologisch abzurüsten. Die Vorratsdatenspeicherung , so wie sie jetzt angelegt ist, bedeutet nicht das Ende des Rechtsstaates. Ohne Richter-Beschluss kein Zugriff auf die Daten. Und dies auch nur bei schweren Verbrechen wie Mord und Terror. Sollten dazu noch Klarstellungen notwendig sein, muss Maas nachbessern.

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