Viele Lücken in den Plänen fürs Klima

Paris · In Bonn wird diese Woche um einen Entwurf für die Pariser Klimakonferenz gerungen. Die OECD fordert deutlich mehr Anstrengungen, um das Klimaziel einer Erderwärmung um weniger als zwei Grad zu erreichen.

Nachdenklich steht François Hollande vor meterhohen schmutziggrauen Eismassen. "Wer noch am Klimawandel zweifelt, sollte hierher kommen", sagte der französische Präsident vergangene Woche auf dem dahinschmelzenden Solheimajökull-Gletscher in Island. Sechs Wochen vor Beginn der Klimakonferenz in Paris sollte der Besuch im ewigen Eis zeigen, wie wichtig der Kampf gegen den Klimawandel ist. Ein Kampf, in dem trotz der Zusagen zahlreicher Länder noch viel zu tun ist.

"Um die gesetzten Ziele zu erreichen, müssen die Länder ihre Anstrengungen deutlich verstärken", mahnte die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gestern zur Eile. Sie hatte die Klimazusagen von 44 Ländern ausgewertet, die immerhin rund 80 Prozent der Treibhausgasemissionen verursachen. "Die Regierungen brauchen einen politischen Weg, der zu null CO{-2}-Ausstoß bis zum Ende des Jahrhunderts führt."

Einen solchen Weg sucht diese Woche die UN-Klimakonferenz in Bonn, das letzte große Treffen vor dem Pariser Gipfel Ende November. Die bis zu 2000 Diplomaten und Experten feilschen um einen Entwurf für das Pariser Abkommen. Von neun auf 34 Seiten wuchs der Text gestern an - allerdings mit hunderten eckigen Klammern versehen. Das sind die Passagen, die noch umstritten sind. Zum Beispiel in Artikel drei, in dem es um die "Dekarbonisierung", also die vollständige Abkehr von den Klimakillern Kohle, Öl und Gas geht. Eine solche Abkehr solle es noch in diesem Jahrhundert geben, hatten die G-7-Länder im Juni in Schloss Elmau vereinbart. Der "Umbau der Energiewirtschaft" werde sogar schon für 2050 angestrebt.

Doch diese Jahreszahl steht ebenso in Klammern wie die Begrenzung der Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter. Unter zwei Grad lautet das Ziel, das die französische Regierung als Gastgeberin in Paris erreichen will. Um das zu erreichen, müsste der Ausstoß der Treibhausgase laut OECD bis 2050 um 40 bis 70 Prozent verringert werden. "Wir bewegen uns bei plus drei Grad", räumt die Generalsekretärin des UN-Klimasekretariats UNFCCC, Christiana Figueres, in der Zeitung "Libération" ein.

Rund 150 der 195 Teilnehmerländer der Klimakonferenz haben bereits ihre Reduktionsziele formuliert. Einige wie Mexiko knüpften ihre Zusagen an finanzielle Hilfen - ein weiteres heikles Thema. Denn die Entwicklungsländer sollen ab 2020 pro Jahr 100 Milliarden Dollar (88 Milliarden Euro) erhalten, um Klimaschäden einzudämmen. Auch diese Summe steht im Entwurf von Bonn in Klammern, denn noch ist unklar, woher das Geld kommen soll. Andere Länder wie die ölreichen Golfstaaten haben noch keine Zusagen gemacht. Große Verbesserungen Richtung Zwei-Grad-Ziel sind von ihnen nicht zu erwarten.

Für Greenpeace und andere Nicht-Regierungsorganisationen, die in Bonn dabei sind, ist es deshalb wichtig, dass der Verpflichtungszeitraum möglichst kurz ist. "Er sollte bei maximal fünf Jahren liegen, um danach die Ziele nach oben zu korrigieren", sagt der politische Direktor von Greenpeace Deutschland, Stefan Krug, der SZ. Um Fristen wie diese wird in den kommenden Tagen in Bonn noch gerungen. Ziel ist es, einen Entwurf hinzubekommen, der dann die Verhandlungsgrundlage für die Pariser Konferenz ist.

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HintergrundBei der Verminderung ihres Treibhausgas-Ausstoßes kommt die Europäische Union gut voran. Bis zum Jahr 2020 soll der Ausstoß an klimaschädlichen Treibhaus-Gasen um 20 Prozent gegenüber 1990 sinken. Die Europäische Umweltagentur erwartet nach einem gestern in Brüssel veröffentlichten Bericht, dass dieses Ziel übertroffen wird. "Die Treibhausgas-Emissionen sind im vergangenen Jahrzehnt beinahe jedes Jahr gefallen", sagte EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete. Der Bericht zeige, dass die Klimaschutz-Politik der EU funktioniere. Dies sei ein "sehr gutes Signal" für die internationale Klimaschutz-Konferenz Ende November in Paris . Falls laufende Maßnahmen zum Klimaschutz weiterlaufen, gehen die Autoren des Berichts von einer Minderung der Treibhausgas-Emissionen von 24 Prozent bis zum Jahr 2020 aus. Falls die EU-Mitgliedstaaten bereits geplante weitere Anstrengungen machen, könnte dieser Wert auch auf 25 Prozent klettern, hieß es. dpa

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