Viele Flüchtlingsheime stehen leer

Frankfurt · Im vergangenen Herbst wurden in deutschen Gemeinden in Windeseile Unterkünfte geschaffen, um Tausende Flüchtlinge aufzunehmen. Nun ist der große Zulauf vorbei – und einige Kommunen haben ein teures Problem.

In Deutschland sind zwei von drei Erstaufnahmeplätzen für Flüchtlinge ungenutzt. Nach einer Umfrage der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" unter den Bundesländern beträgt die Auslastungsquote im Durchschnitt fast 35 Prozent, wie das Blatt am Freitag berichtet. Im Juli und August seien von 220 000 Plätzen etwa 145 000 Plätze frei gewesen.

Die geringe Belegung sorgt in einigen Regionen Deutschlands für Probleme. Das ehemalige Sensconvent-Hotel in Michendorf Brandenburg ist ein Beispiel für die verzwickte Situation, in den Kommunen und Landkreise nach dem deutlichen Rückgang der Flüchtlingszahlen geraten sind. "Wir haben das Hotel im vergangenen Herbst für mehrere Jahre angemietet, um Platz für die ankommenden und erwarteten Flüchtlinge zu schaffen", sagt der zuständige Referatsleiter des Landkreises Potsdam-Mittelmark, Martin Rätz. Dort sollten 250 Flüchtlinge unterkommen, nun wird das Hotel nicht mehr gebraucht - und der Landkreis die Immobilie nicht los. Über die Kosten herrscht Schweigen, nach Zeitungsberichten soll es aber um mehr als drei Millionen Euro gehen.

So wie Potsdam-Mittelmark versuchen auch andere Kommunen, aus den Verträgen für nicht mehr benötigte Immobilien herauszukommen. Aus Sicht des Geschäftsführers des Brandenburger Städte- und Gemeindebundes, Karl-Ludwig Böttcher, wird dies nicht in allen Fällen gelingen. "Im vergangenen Herbst sagte alle Welt vom Land bis zum Bund, das wird mit den Flüchtlingen noch lange so weitergehen - also schafft Unterkünfte!" Aber warum wurden dann gleich Verträge über Jahre abgeschlossen? "Die Kommunen hätten sonst nichts gekriegt", sagt Böttcher. "Der Markt war leergefegt und überhitzt."

Für das ganze Bundesgebiet kennt der Deutsche Städte- und Gemeindebund dagegen nur wenige Fälle. "Die meisten Kommunen haben trotz des großen Drucks besonnen reagiert und meist nur Verträge über ein halbes Jahr oder ein Jahr mit Verlängerungsoption abgeschlossen", sagt der Pressesprecher des Kommunalverbands. "Diese Optionen werden jetzt nach dem Abflauen des Flüchtlingsstroms einfach nicht gezogen."

Im Saarland hat sich die Lage in der Landesaufnahmestelle in Lebach ebenfalls entspannt. Waren dort 2015 zu Hochzeiten rund 4000 Flüchtlinge untergebracht, lebten dort im August noch knapp 700 Menschen. Die Zweigstelle "Hirschbach" liegt in einem Dornröschenschlaf. Flüchtlingen zogen hier nie ein. Nach Angaben des saarländischen Innenministeriums befindet sich die Anlage für 420 Menschen im Ruhemodus. Kostenintensive Zusatzeinrichtungen wie Container würden jetzt wieder abgebaut.

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