Wie krank ist der US-Präsident? Verwirrung über Trumps Gesundheitszustand

Washington · Wie geht es dem US-Präsidenten wirklich? Widersprüchliches von Leibarzt und Stabschef sorgen zunächst für Irritationen.

 US-Präsident Donald Trump zeigt sich – ohne Jackett und Krawatte – vor Kameras an einem Tisch im Konferenzraum des Militärkrankenhauses Walter Reed in Bethesda.

US-Präsident Donald Trump zeigt sich – ohne Jackett und Krawatte – vor Kameras an einem Tisch im Konferenzraum des Militärkrankenhauses Walter Reed in Bethesda.

Foto: dpa/Joyce N. Boghosian

Amerikanische Präsidenten kennen es gut, das Walter Reed National Military Medical Center draußen in Bethesda. George W. Bush und Barack Obama waren des Öfteren dort, um Verwundete der Kriege im Irak und in Afghanistan zu besuchen. Nun liegt Donald Trump in dem Krankenhaus, und an der streng bewachten Einfahrt stehen etwa 60 seiner Fans, die einfach in seiner Nähe sein möchten.

„Irgendwann kriegt es jeder“, glaubt Ryan Kester (44), Soldat der Army, angereist aus Newport News, einer Küstenstadt in Virginia. „Dem Virus kannst du nicht entgehen, so sehr du dich dagegen zu schützen versuchst.“ Nun habe es sogar den am besten geschützten Mann des Landes erwischt. Da Trump aber ziemlich fit wirke, werde er die Krankheit sicher gut überstehen. „Haben Sie gehört, was der Doktor sagt? Klingt doch gut!“

Dr. Sean Conley, von Haus aus Osteopath und seit Mai 2018 Leibarzt des Präsidenten, trug bislang allerdings mehr zur Verwirrung bei, als dass er Klarheit geschaffen hätte. Es begann damit, dass er am Samstagmittag vor Kameras ein Bild zeichnete, das sich bald als rosarot entpuppen sollte. Es gehe Trump „sehr gut“, er sei fieberfrei, „wir sind sehr glücklich mit dem Fortschritt, den der Präsident macht“, verkündete er. Dann aber sprach er davon, dass Trumps Corona-Diagnose 72 Stunden zurückliege. Was für erhebliche Irritationen sorgte. Demnach wäre der Patient bereits am Mittwoch positiv getestet worden, nicht erst am späten Donnerstagabend, wie es bis dato offiziell hieß. Es hätte bedeutet, dass er bereits von der Infektion wusste, als er am Donnerstag zu einem Dinner mit Spendern zu seinem Golfclub in Bedminster, New Jersey, flog. Der Präsident, ein mutwilliger Superspreader? Prompt sah sich der Doktor gezwungen, eine schriftliche Korrektur nachzureichen: Das mit den 72 Stunden sei falsch gewesen, er hätte vom dritten Tag nach der Diagnose sprechen sollen. Da hatte Mark Meadows, Stabschef des Weißen Hauses, die Lage aber bereits in Worten skizziert, die Conleys Beschreibung erst recht wie Schönfärberei wirken ließen.

Irritiert durch den Auftritt des Leibarztes, schenkte Meadows Reportern, die er gut kannte, reinen Wein ein. Trumps Vitalfunktionen in den vergangenen 24 Stunden hätten Anlass zu großer Sorge gegeben, die nächsten 48 Stunden würden entscheidend sein, sagte er. „Wir sind immer noch nicht auf einem klaren Weg zu einer vollständigen Genesung.“ Die schnörkellosen Sätze seines Cheforganisators, schreibt die New York Times, sollen Trump wiederum dermaßen geärgert haben, dass er beschloss, ihnen öffentlich zu widersprechen. Also setzte er sich am Samstagabend vor eine Kamera an einen auf Hochglanz polierten Tisch, ohne Krawatte, im Gesicht blasser als sonst, und verteilte verbale Beruhigungspillen.

Anfangs habe er sich nicht so gut gefühlt, räumte er ein, nun aber gehe es ihm schon viel besser. Er erwarte, bald zurückkehren zu können an seinen Arbeitsplatz. Er freue sich schon darauf, im Wahlkampf dort weiterzumachen, wo er aufgehört habe. Die Entscheidung, sich in ein Krankenhaus einliefern zu lassen, begründete er mit bizarren Argumenten: „Ich hatte keine Wahl, ich wollte einfach nicht im Weißen Haus bleiben. Ich kann mich nicht oben in ein Zimmer einschließen und in völliger Sicherheit sein und sagen, hey, es ist mir egal, was passiert. Ich kann das nicht. Ich muss Probleme angehen.“ Doch erst die kommenden Tage, prophezeite er dann, seien der wahre Test.

Am Sonntagvormittag ließ Leibarzt Conley wissen: Der Zustand des Patienten verbessere sich weiter. Schon am Montag, gab sich einer seiner Kollegen zuversichtlich, könne Trump eventuell ins Weiße Haus zurückkehren – wo er weiterbehandelt werde. Zugleich bestätigte das Ärzteteam Medienberichte, nach denen er mit Sauerstoff versorgt werden musste. Am Freitag, so Conley, seien seine Sauerstoffwerte auf ein besorgniserregendes Niveau gesunken, später habe sich „die Episode“ ein zweites Mal wiederholt. Am Freitagvormittag habe der Präsident zudem hohes Fieber gehabt, fügte er hinzu – eine Information, die er bis dahin unterschlagen hatte.

 War dies der Ansteckungsort? Im Rosengarten des Weißen Hauses sprachen Donald Trump und die fürs Oberste Gericht nominierte Juristin Amy Coney Barrett einige Tage zuvor vor Publikum ohne Masken. Mehrere Teilnehmer der Veranstaltung sind nun infiziert.

War dies der Ansteckungsort? Im Rosengarten des Weißen Hauses sprachen Donald Trump und die fürs Oberste Gericht nominierte Juristin Amy Coney Barrett einige Tage zuvor vor Publikum ohne Masken. Mehrere Teilnehmer der Veranstaltung sind nun infiziert.

Foto: dpa/Alex Brandon

Wann und wo sich Donald Trump und seine Frau Melania ansteckten, ist einstweilen unklar. Erst am Donnerstag war Hope Hicks, Beraterin und Freundin der Familie, positiv getestet worden. Denkbar ist aber auch, dass sich eine Zeremonie im Rosengarten des Weißen Hauses als Superspreader-Event erwies. Am Samstag vor einer Woche hatte Trump die Richterin Amy Coney Barrett, von ihm für einen vakanten Sitz am Supreme Court nominiert, in feierlichem Rahmen vorgestellt. Von den 150 geladenen Gästen hatten nur die wenigsten eine Maske an. Viele standen eng beieinander, umarmten einander oder gaben sich die Hand.

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