Verteidigungsministerium soll drastisch schrumpfen

Berlin. Das Verteidigungsministerium soll nach den Vorstellungen der Bundeswehr-Reformkommission drastisch verkleinert werden. "Aus meiner Sicht braucht man höchstens die Hälfte der Menschen", sagte ihr Vorsitzender Frank-Jürgen Weise (Foto: dpa) im ARD-"Bericht aus Berlin"

Berlin. Das Verteidigungsministerium soll nach den Vorstellungen der Bundeswehr-Reformkommission drastisch verkleinert werden. "Aus meiner Sicht braucht man höchstens die Hälfte der Menschen", sagte ihr Vorsitzender Frank-Jürgen Weise (Foto: dpa) im ARD-"Bericht aus Berlin". Statt derzeit mehr als 3000 hätte das Ministerium dann nur noch etwa 1600 Mitarbeiter - konzentriert in Berlin. Die von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) eingesetzte Kommission will ihren Bericht morgen vorlegen.

Weniger radikal sind die Vorschläge der Kommission zur künftigen Truppenstärke. Sie hält zwischen 180 000 und 190 000 Soldaten für erforderlich. Guttenberg hat eine Untergrenze von 163 500 Soldaten gesetzt, sieht aber Spielraum nach oben bis zu 195 000 Soldaten. Derzeit gehören der Bundeswehr rund 240 000 Soldaten an. Guttenberg will die Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 aussetzen. Die Union hat dafür bereits Unterstützung zugesichert, wird sich aber erst im Oktober und November auf Parteitagen entscheiden.

In der Frage des künftigen Zuschnitts seines Ministeriums hat sich Guttenberg bislang nicht festgelegt. "Die doppelten Dienstsitze (in Bonn und Berlin) sind eine gesetzlich vorgegebene Tatsache, also gelten sie", hatte er Mitte September in einem Interview gesagt. "Trotzdem sind wir natürlich gehalten, die Effizienz der ministeriellen Arbeitsabläufe ständig zu verbessern."

Von den 3090 Mitarbeitern des Verteidigungsministeriums sind zurzeit 2570 am Hauptsitz in Bonn beschäftigt und nur 520 in Berlin. In Berlin sind die Leitung, die Stäbe für Planung, Einsatzführung und Presse, der größere Teil des Protokolls sowie die Militärpolitik angesiedelt. Als "vernünftig" lobte SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold die Vorschläge der Kommission. Die Überlegungen zur Straffung der Führung im Verteidigungsministerium seien richtig, sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Skeptisch äußerte er sich zur geforderten Konzentration auf Berlin. "Das Bonn-Berlin-Gesetz gilt auch für Weise und Guttenberg", sagte er dem "Tagesspiegel". Darin seien feste Prozentzahlen für den Anteil der Ministeriumsbeschäftigten in Bonn vorgegeben.

Schon vor der Vorlage des Kommissionsberichts war Protest aus Bonn gegen einen möglichen Komplettumzug des Verteidigungsministeriums nach Berlin gekommen. Der Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und Landräte umliegender Kreise kritisierten in einer gemeinsamen Erklärung, die ständigen Versuche, das Berlin-Bonn-Gesetz auszuhöhlen, seien "überflüssig und gegen alle Regelungen und Vernunft". dpa

Meinung

Unhaltbare Zustände

Von SZ-Korrespondent

Stefan Vetter

Für Fachpolitiker ist es schon länger kein Geheimnis mehr, dass im Verteidigungsministerium zersplitterte Ressortstrukturen unklare Zuständigkeiten zuhauf produzieren. Beamte und Staatssekretäre fliegen fast täglich zwischen Bonn und Berlin hin und her. Von Effizienz kann deshalb keine Rede sein. Die Expertise der Weise-Kommission ist ein Spiegelbild solcher unhaltbarer Zustände. Wenn Verteidigungsminister zu Guttenberg ihre Empfehlungen ernst nimmt, braucht er aber mindestens genauso viel Durchsetzungsvermögen wie bei der faktischen Abschaffung der Wehrpflicht. Ein weitestgehender Umzug des Verteidigungsministeriums nach Berlin hätte nämlich eine Sogwirkung für die Abschaffung der doppelten Dienstsitze aller anderen Ressorts. An zu Guttenberg hängt es also, was am Ende von den Modernisierungsvorschlägen übrig bleibt.

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