Vereinte Nationen wollen Armut bis 2030 aus der Welt schaffen

New York/Berlin · Die UN-Mitgliedstaaten haben sich auf nachhaltige Entwicklungsziele geeinigt. Der Katalog erntet Lob, aber auch Vorbehalte – schlussendlich komme es auf die Umsetzung und deren Überprüfung an, betonen Hilfswerke.

17 Ziele mit 169 Unterzielen: Am Wochenende haben die 193 UN-Mitgliedstaaten den umfassenden Entwurf der nachhaltigen Entwicklungsziele diskutiert und mit einzelnen Änderungen beschlossen. Die Verabschiedung soll beim UN-Entwicklungsgipfel vom 25. bis zum 27. September in New York erfolgen - sehr zur Freude von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon . Er sagte nach der Sitzung: "Die ganzheitlichen, miteinander verknüpften und untrennbaren 17 neuen nachhaltigen Entwicklungsziele sind die Ziele der Menschen und zeigen, welches Ausmaß, welche Universalität und welcher Ehrgeiz hinter der neuen Agenda steht."

Die Agenda solle den Erfolg der Millenniumsentwicklungsziele fortsetzen, heißt es im Entwurf. Dank dieser Ziele seien in 15 Jahren mehr als 700 Millionen Menschen aus der Armut befreit worden. Nun gehe es darum, in den kommenden 15 Jahren Armut "in allen Formen und überall in der Welt" zu beenden. Sie betrifft derzeit eine Milliarde Menschen weltweit, die mit weniger als 1,25 Dollar (1,14 Euro) pro Tag auskommen müssen. Die meisten von ihnen leben in Afrika und in Asien. Zudem sollen die Menschen den Planeten für die Gegenwart und die Zukunft bewahren. Dafür müssten alle Mitgliedstaaten wegkommen von ihrem bisherigen Denken und Handeln; mehr und intensivere internationale Kooperationen seien dringend erforderlich, heißt es weiter. Hierbei müssten auch Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Wissenschaft stärker mit einbezogen werden.

Lob kam von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU ). "Wir sind einem Weltzukunftsvertrag einen großen Schritt näher gekommen", sagte er gestern. Die Weltgemeinschaft habe nun die Chance, innerhalb einer Generation extreme Armut zu beenden, Ungerechtigkeit zu bekämpfen und den Planeten vor dem Kollaps zu bewahren.

Ehrgeizig seien die Ziele, bestätigte der Leiter für Politik der Welthungerhilfe , Ulrich Post - zu ehrgeizig. Der Anspruch der Agenda "Transforming our world" finde sich nicht in den Unterzielen wieder; zahlreiche Ziele seien bei den Verhandlungen am Wochenende aufgeweicht worden, beklagte Post. Zugleich stellte er infrage, ob die Vielzahl an Unterzielen überhaupt noch vermittelbar sei. "Ich sehe schon die endlosen Excel-Tabellen vor mir, die man nicht mehr ausdrucken kann." Auch könne er den "Glauben an die Privatwirtschaft" nicht nachvollziehen. Es habe sich in der Vergangenheit nicht als gut erwiesen, wenn Regierungen Verantwortung an die Wirtschaft beziehungsweise den freien Markt abträten. Aus diesen Erfahrungen hätte man lernen sollen.

Auch das bischöfliche Missionswerk Misereor zeigte sich verhalten optimistisch. "Ich denke, die 17 Ziele sind alle wichtig und keines sollte fehlen", sagte die Leiterin des Berliner Büros, Ilona Auer-Frege. Entscheidend sei aber die Umsetzung. Alle Länder müssten nun in allen Bereichen aktiv werden und die Erfolge regelmäßig messen. Die Geschäftsführerin der Stiftung Weltbevölkerung, Renate Bähr, begrüßte hingegen mögliche Chancen für Mädchen und Frauen. "Die Entwicklungsziele dürfen jedoch kein Papiertiger bleiben!", mahnte Bähr. Daher erwarte sie von der Bundesregierung mehr Engagement als bislang. Ein "weiter so" reiche nicht.

Entwicklungsminister Müller sicherte Veränderung zu: Es seien "keine theoretischen Vorgaben der UN, sondern nationale Verpflichtungen für jedes einzelne Land. Auch für uns."

Meinung:

Die Uno hat eine Chance verdient

Von SZ-Redakteur Pascal Becher

Die Ankündigung klingt natürlich erstmal schräg: Die Vereinten Nationen schaffen die Armut bis 2030 ab, verhelfen allen Frauen zur Gleichberechtigung und retten nebenbei noch den Planeten vor den Klima-Killern. Das klingt nach Superhelden-Truppe. Aber die Uno hat sich eine Chance verdient - und zwar wegen der erfolgreichen Umsetzung ihrer Millenniumsziele. Sicher, auch von diesen wurden nicht alle erreicht. Aber viele. Seit 2000 wurde die Zahl der in Armut lebenden Menschen um ein Drittel verringert, die Kindersterblichkeit um die Hälfte, ebenso die Quote der jungen Analphabeten. Nicht nur ein Verdienst der Uno, aber auch.

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