USA wollen NSA ausbremsen

Washington · Es soll Schluss sein mit dem massenhaften Sammeln von Telefon- und Internetdaten durch die NSA. Zumindest in den USA. Für die Spähaktivitäten im Ausland würde die geplante Reform keine Änderungen bringen.

Knapp zwei Jahre nach Enthüllung der massiven Datensammelwut durch den US-Geheimdienst NSA wollen die Abgeordneten in Washington die umstrittene Spionage schärfer kontrollieren. Das Repräsentantenhaus stimmte mit überraschend großer Mehrheit von 338 zu 88 Stimmen dafür, die massenhafte Speicherung der Telefondaten von Millionen Amerikanern zu beenden. Sofern der Senat dem Gesetzentwurf ebenfalls zustimmt, wäre es die umfassendste Reform der NSA seit den Enthüllungen des Computerspezialisten Edward Snowden im Juni 2013.

Sollte der Senat bis Ende Mai zustimmen, dürfte die National Security Agency die Telefondaten nicht mehr selbst sammeln und speichern. Stattdessen müssten die NSA oder die Bundespolizei FBI die Daten für Terror-Ermittlungen bei den Telefongesellschaften anfragen. Derzeit speichert die NSA die Informationen selbst und kann diese nach einer gerichtlichen Erlaubnis durchsuchen, sofern ein berechtigter Terrorismus-Verdacht besteht. Die Datensammlung begann nach den verheerenden Terroranschlägen vom 11. September 2001.

Jenseits von Parteigrenzen stimmten die Abgeordneten für den sogenannten "USA Freedom Act". Mit der Zahl der Gegenstimmen lagen Demokraten (41) und Republikaner (47) fast gleichauf. Daran zeigt sich, wie erbittert die Debatte über die international kritisierten Spähprogramme auch innerhalb der Lager geführt wird. Das Vorhaben bezieht sich aber nur auf die USA - die Spionage in anderen Ländern wie zum Beispiel Deutschland wäre nicht betroffen.

Ein Bundesberufungsgericht hatte das Vorgehen der NSA Anfang Mai für verfassungswidrig erklärt, die Praxis aber nicht beendet. Mit dem Beschluss im Repräsentantenhaus steigt der Druck auf den republikanischen Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell , der das NSA-Programm ohne Änderungen um fünf weitere Jahre verlängern will. Eine kleine, einflussreiche Gruppe von Senatoren kämpft für den Erhalt der laufenden Spionagepraxis und nennt als Begründung den Schutz vor Terroranschlägen. "Ich glaube, wenn wir diese Maßnahmen auslaufen lassen, setzen wir die Sicherheit unseres Heimatlandes einem viel größeren Risiko aus", sagte Senator John Cornyn .

Die Zeit drängt, da am 1. Juni die gesetzliche Erlaubnis zum massenhaften Abgreifen der Telefon- und Internetdaten ausläuft. Präsident Barack Obama unterstützt das Gesetz. Die Regierung will die Datensammelwut stoppen, aber gleichzeitig sicherstellen, dass Daten zum Schutz vor Terrorattacken begrenzt weiter gesammelt und genutzt werden können.

Meinung:

Amerika zuerst - typisch!

Von SZ-MitarbeiterFriedemann Diederichs

Die von US-Präsident Barack Obama den Amerikanern versprochene Reform der NSA hat mit der Zustimmung im Repräsentantenhaus zumindest eine erste Hürde genommen. Ob die Beschränkungen tatsächlich Realität werden, hängt nun aber vom Senat ab, in dem die Republikaner eine Mehrheit haben - und die Mehrheit von ihnen räumt grundsätzlich der Terrorabwehr einen höheren Stellenwert als dem Schutz der Privatsphäre ein.

Dass in Washington kein Gedanke daran verschwendet wird, wie die NSA künftig im Ausland agiert, ist typisch für die "America first"-Philosophie der US-Politik. Lediglich Angela Merkel kann darauf hoffen, dass Obama seine Zusage hält, die Bundeskanzlerin und andere europäische Regierungschefs seit dem Bekanntwerden der Handy-Lauschangriffe nicht mehr zu bespitzeln.

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