USA kurz vor dem Finanzkollaps

Washington · Im Haushaltsstreit in den USA wird es ernst: Diesmal deutet alles auf unüberwindbare Differenzen hin. Republikaner und Demokraten konnten sich auch Stunden vor Fristablauf nicht auf einen Übergangshaushalt einigen. Das hätte massive Auswirkungen auf die Wirtschaft und den Alltag.

Beamte im Zwangsurlaub, viele Ämter geschlossen, die Börse nervös: Unaufhörlich näherten sich die USA gestern Abend einem Verwaltungsnotstand. Auch wenige Stunden vor Ablauf der Frist (heute 6 Uhr deutscher Zeit) zeichnete sich zwischen Republikanern und Demokraten kein Kompromiss für einen Nothaushalt ab, um die Verwaltung weiter zu finanzieren. Damit müssen wahrscheinlich schätzungsweise bis zu eine Million Staatsbedienstete unbezahlt freigestellt werden, viele Ämter und Einrichtungen schließen.

Die Republikaner, die im Repräsentantenhaus die Mehrheit haben, nutzen die Haushaltspolitik regelmäßig für ein Kräftemessen. Aktuell knüpfen sie ihre Zustimmung zu einem Budget an Änderungen bei der Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama, von der heute wichtige Teile in Kraft treten. Sie soll Millionen bislang unversicherten Amerikanern Zugang zu einer Krankenversicherung eröffnen. Obama hatte mehrfach klargestellt, es werde nicht über eine Verschiebung verhandelt. Vor allem der rechte Flügel der Republikaner wettert, dass "Obamacare" schlecht für die Wirtschaft und zu teuer für die Bürger sei. Unzählige Versuche, die Reform im Kongress für ungültig zu erklären, scheiterten. Der Oberste Gerichtshof erklärte das Gesetz im Vorjahr für verfassungskonform.

Selbst der republikanische Parlamentspräsident John Boehner erklärte nach der verlorenen Präsidentenwahl im November vergangenen Jahres, dass die Reform nun "das Gesetz des Landes" sei. Doch jetzt beugte er sich dem Druck der rechtspopulistischen Tea-Party-Bewegung, einen neuen Angriff auf "Obamacare" zu unternehmen und sie mit den Budgetverhandlungen zu verknüpfen. Das Weiße Haus, die Demokraten und auch einige Republikaner weisen den Versuch als unvernünftig zurück. Der demokratische Senator Richard Durbin beklagte, dass seiner Partei "die Pistole an den Kopf" gehalten werde. Obama sprach hinsichtlich der Tea-Party-Gruppe von "Extremisten im Kongress".

Die USA standen in den vergangenen Jahren mehrfach vor einem Stillstand in der Verwaltung. Sie konnten ihn aber noch immer in letzter Minute durch einen Kompromiss der Parteien verhindern. Auch eine Einigung diesmal hätte lediglich aufschiebende Wirkung, da der Übergangshaushalt bereits in einigen Wochen wieder ausliefe. Dann müsste erneut verhandelt werden. Zuletzt gab es zwischen 1995 und Januar 1996 mehrmals keinen gültigen US-Staatshaushalt. Der Stillstand dauerte insgesamt 26 Tage.

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