Unruhe in der CDU vor dem Parteitag

Karlsruhe. Die CDU geht angesichts anhaltender Unruhe um Finanzminister Wolfgang Schäuble (Foto: dpa) mit gemischten Gefühlen in ihren Bundesparteitag in Karlsruhe. Parteichefin und Kanzlerin Angela Merkel stellte sich gestern erneut klar hinter den 68-Jährigen

Karlsruhe. Die CDU geht angesichts anhaltender Unruhe um Finanzminister Wolfgang Schäuble (Foto: dpa) mit gemischten Gefühlen in ihren Bundesparteitag in Karlsruhe. Parteichefin und Kanzlerin Angela Merkel stellte sich gestern erneut klar hinter den 68-Jährigen. Die Rückendeckung für ihn in der CDU werde sich bei seiner Wiederwahl ins Präsidium am heutigen Montag zeigen, sagte Merkel vor den Gremiensitzungen der Parteiführung. Die CDU wählt heute ihre Führung neu. Mit Spannung wird erwartet, ob Merkel und andere Spitzenpolitiker wegen des schlechten Starts der schwarz-gelben Regierung einen Dämpfer erhalten. Als entscheidend gilt Merkels Rede am Vormittag vor den Wahlen. Sie kündigte an, sie werde auf die christlichen und konservativen Wurzeln der CDU eingehen.

Kurz vor Beginn des Parteitags kochte eine neue Debatte um Steuererleichterungen und -vereinfachungen hoch. Der Wirtschaftsflügel der Unionsfraktion beharrte auf einer stärkeren Steuervereinfachung und seiner Kritik an Schäuble. "Wir wollen da mehr", sagte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs. Der CDU-Finanzexperte Christian von Stetten sagte der "Bild am Sonntag": "Wenn wir kein Steuervereinfachungsgesetz umsetzen, das seinen Namen verdient, dann nehmen uns unsere Wähler nicht mehr ernst. Notfalls muss der Bundesparteitag darüber entscheiden."

"Wir werden in den nächsten Wochen uns auf ein Konzept zur Steuervereinfachung verständigen", versuchte Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) den Konflikt zu entschärfen. Merkel betonte nach einem Telefonat mit FDP-Chef und Vizekanzler Guido Westerwelle: "Wir haben genau die gleiche Reihenfolge. Wir sagen: Haushaltskonsolidierung, Steuervereinfachung. Und das ist das, was wir im Augenblick leisten können." Sie machte klar, dass sie weiter keine Spielräume für Steuersenkungen sieht. Auch Schäuble selbst kündigte am Wochenende an, an dem Vorhaben in Abstimmung mit den Koalitionsfraktionen weiter zu arbeiten.

Um Schäuble ranken sich Gerüchte, der seit einem Attentat 1990 querschnittsgelähmte Minister könnte aus gesundheitlichen Gründen das Handtuch werfen. In diesem Jahr lag er mehrfach wegen einer schlecht verheilenden Wunde im Krankenhaus. Kanzlerin Merkel nannte Berichte über eine Kabinettsumbildung Unfug. dpa/dapd

Meinung

Schäubles Schatten

Von SZ-Korrespondent

Stefan Vetter

Nicht nur die FDP ist über die finanzpolitischen Alleingänge des Finanzministers sauer. Auch in der Union rumort es. Zu Recht. Denn was Wolfgang Schäuble bislang in Sachen Steuervereinfachung präsentiert hat, taugt eher dazu, das Ansehen der Koalition noch weiter zu ramponieren. Nur ein Beispiel: Eigentlich soll die Steuererklärung künftig nur alle zwei Jahre abgegeben werden. Doch im Kleingedruckten stellt sich heraus, dass damit lediglich eine Verlängerung der Abgabefrist gemeint ist und die Angaben für jedes Jahr auch weiter einer eigenen Erklärung bedürfen. Damit wird die schöne Botschaft zum Etikettenschwindel. Dass Schäuble nun einlenkt und das Steuerrecht mit den Koalitionsfraktionen abstimmen will, dürfte weniger einer höheren Einsicht geschuldet sein als vielmehr taktischen Motiven. Noch hält die Bundeskanzlerin felsenfest zu ihrem Finanzminister. Aber sie kann den Widerstand in den eigenen Reihen nicht auf Dauer ignorieren.

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