Unions-Nachwuchs drängt auf Pflegereform

Berlin. Die noch ausstehende Pflegereform wird immer stärker zum Zankapfel der Koalition. Gestern meldete sich eine Gruppe von 22 vorwiegend jüngeren Unionsabgeordneten mit einem Positionspapier zu Wort, in dem die Verschleppung der verabredeten Einführung eines Kapitalstocks zur Finanzierung langfristiger Pflegerisiken beklagt wird

Berlin. Die noch ausstehende Pflegereform wird immer stärker zum Zankapfel der Koalition. Gestern meldete sich eine Gruppe von 22 vorwiegend jüngeren Unionsabgeordneten mit einem Positionspapier zu Wort, in dem die Verschleppung der verabredeten Einführung eines Kapitalstocks zur Finanzierung langfristiger Pflegerisiken beklagt wird. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion und Mitautor des Papiers, Jens Spahn (Foto: dapd), sagte in einem Interview: Es gebe Kräfte in der Koalition, "die die dringend notwendige Umgestaltung der Pflegeversicherung auf die lange Bank schieben oder sich mit einem Mini-Umbau begnügen wollen".Ursprünglich sollten die Eckpunkte für eine Pflegereform zur Jahresmitte vorliegen. Doch der Zeitplan kam ins Rutschen, weil die Krise der FDP auch einen Wechsel an der Spitze des Gesundheitsressorts mit sich brachte - und weil sich Union und Liberale nicht bei zentralen Weichenstellungen einig sind. Das gilt sowohl für die künftige Höhe des Pflegebeitrags, den die Liberalen trotz geplanter Leistungsverbesserungen am liebsten unverändert lassen würden, als auch für die Ausgestaltung eines Kapitalstocks. Hier favorisiert die FDP eine individuelle Lösung nach dem Vorbild der Riester-Rente. Dagegen plädieren die jungen Unionsabgeordneten in ihrem Papier für eine gemeinschaftliche Rücklage.

Nach einer Untersuchung des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die ebenfalls gestern veröffentlicht wurde, steigt die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2050 von derzeit 2,5 auf 4,1 Millionen Menschen. Gleichzeitig stehen immer weniger Beitragszahler zur Verfügung. Bereits die schwarz-rote Bundesregierung wollte die herkömmliche Pflegeversicherung deshalb "durch kapitalgedeckte Elemente als Demografiereserve" ergänzen. Doch das Vorhaben ging im politischen Kleinkrieg unter. Spahn & Co befürchten nun offenbar, dass sich die Geschichte unter schwarz-gelben Vorzeichen wiederholen könnte. "Uns Jüngeren in der Unionsfraktion wird seit vielen Jahren versprochen, dass wir endlich mit der Bildung von Kapitalrücklagen in den sozialen Sicherungssystemen beginnen." Aber "leider ist bisher nichts passiert", heißt es in ihrem Positionspapier. Zugleich fordern sie darin ihre eigene Koalition auf, sich den demographischen Herausforderungen "ehrlich" zu stellen: "Pflege wird teurer."

Nach der IW-Untersuchung müssen Pflegebedürftige bereits heute etwa 30 Prozent der Pflegekosten aus eigener Tasche tragen, denn bei der Pflegeversicherung handelt es sich nur um eine Art Teilkasko-Versicherung. "Dieser private Anteil wird tendenziell zunehmen, erklärte der IW-Experte Dominik Enste. Wohl nicht zuletzt deshalb, weil in der Branche immer mehr Arbeitskräfte gebraucht werden. Nach Angaben des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bap) fehlen schon heute 30 000 Pflegefachleute.

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