Ungewöhnlich: Studiengebühren für ein Aktmodell

Saarbrücken. 7,4 Millionen Euro hat die Saar-Uni im vergangenen Jahr an Studiengebühren eingenommen. Klar geregelt ist, dass dieses Geld ausschließlich zur Optimierung von Studium und Lehre genutzt werden darf. Doch was das im Einzelfall konkret bedeutet, ist nicht immer auf den ersten Blick klar. Selbst die Studenten tun sich in dieser Frage schwer

 Archäologie-Studenten der Saar-Uni wollten menschliche Proportionen am lebenden Objekt studieren und finanzierten ein Aktmodell aus Studiengebühren. Das sollte wie im WDR-Film "Wilde Herzen: Kleine Haie" dem besseren Verständnis der klassischen Bildhauerei dienen. Foto: WDR

Archäologie-Studenten der Saar-Uni wollten menschliche Proportionen am lebenden Objekt studieren und finanzierten ein Aktmodell aus Studiengebühren. Das sollte wie im WDR-Film "Wilde Herzen: Kleine Haie" dem besseren Verständnis der klassischen Bildhauerei dienen. Foto: WDR

Saarbrücken. 7,4 Millionen Euro hat die Saar-Uni im vergangenen Jahr an Studiengebühren eingenommen. Klar geregelt ist, dass dieses Geld ausschließlich zur Optimierung von Studium und Lehre genutzt werden darf. Doch was das im Einzelfall konkret bedeutet, ist nicht immer auf den ersten Blick klar. Selbst die Studenten tun sich in dieser Frage schwer. Der Allgemeine Studierenden-Ausschuss (Asta) zerbrach kürzlich unter anderem deswegen.

Die letztendliche Entscheidungsvollmacht über die Verwendung der Gebühren liegt in den Fakultäten bei einem Gremium, das zu 50 Prozent mit Studierenden besetzt ist. Manch Antrag sorgte dort für Schmunzeln: Archäologie-Studenten an der Saar-Uni wollten als zusätzliches Lehrangebot das Seminar Aktzeichnen anbieten und haben im vergangenen Sommersemester 700 Euro aus Studiengebühren für den Lehrauftrag und ein Aktmodell beantragt.

Schlussendlich kosteten das Seminar und das Modell die Studenten der Saar-Uni 694 Euro. Die Frage, warum ein Aktmodell aus Studiengebühren finanziert wird, erklärt Peter Riemer, Studiendekan der Philosophischen Fakultät I und Mitglied in der fakultätseigenen Sechserkommission zur Verwendung der Studiengebühren: "Das Seminar war ein Zusatzangebot, das sich die Studenten gewünscht haben". Aus den Haushaltsmitteln der Uni hätte das Seminar, das dem besseren Verständnis der klassischen Bildhauerei dienen sollte, nicht bezahlt werden können.

Schaut man sich die Tabelle über die Verwendung der Studiengebühren auf den Webseiten der Fakultät an, fallen weitere Punkte auf, bei denen auf den ersten Blick nicht klar ist, was sie mit der Verbesserung von Studium und Lehre zu tun haben könnten. So hat die Fachrichtung katholische Theologie, ebenfalls unter dem Dach der Philosophischen Fakultät I, zum Beispiel 1214,93 Euro für Sitzbänke im Wartebereich des Institutes aus Studiengebühren finanziert.

Studiendekan Riemer sieht diese Investition als "Grenzfall". Das Gebäude sei allerdings sehr schlecht ausgestattet. Riemer spricht von einer "großen Rumpelkammer". Da es sich bei der Anschaffung der Sitzgelegenheiten um einen ausdrücklichen Wunsch der Studenten handelte, habe die Kommission dem Kauf der Bänke aus Gebühren zugestimmt.

"Wir sind uns im Klaren, das wir manchmal auch Fünfe gerade sein lassen müssen. Wir hätten auch nicht gewusst, woher wir die Mittel für die Bänke sonst hätten nehmen sollen", argumentiert er. Der Dekan der Philosophischen Fakultät I, Wolfgang Behringer, gibt zu bedenken, dass im Gebühren-Gremium drei Studenten und drei Professoren über die Ausgaben entscheiden. Behringer, anfangs ein Kritiker der Studiengebühren, sieht inzwischen überwiegend deren Vorteile.

"Die Studenten arbeiten gezielt am Angebot mit. Wenn sie eine Lehrveranstaltung wollen, die die Uni ihnen aus den Grundmitteln nicht bieten kann, kaufen sie sie eben ein", hat er nach einem Jahr Studiengebühren festgestellt.

Auch in anderen Fachbereichen werden mit Studiengebühren Dinge finanziert, die nicht direkt Studium und Lehre an der Uni zu verbessern scheinen. So hat der Fachbereich Chemie Schließfach-Blöcke in seinem Gebäude installiert. Kostenpunkt: 4500 Euro.

Den Antrag stellte die Fachschaft Chemie, also die Studenten. "Dort können die Studenten zum Beispiel ihre Laptops einschließen. Das erleichtert den Studienalltag, wenn die Studenten beispielsweise ins Labor müssen. Denn nicht überall können die Sachen weggeschlossen werden", erklärt Patrick Wenderoth von der Fachschaft die Maßnahme.

Anschaffungen, die Fragen aufwerfen, sind allerdings an der Uni die Ausnahme. Der Großteil der Studiengebühren fließt in zusätzliche Seminare, wissenschaftliches Personal und technische Geräte. Kürzlich teilte die Hochschule mit, dass von über sieben Millionen Euro Studiengebühren, die im vergangenen Jahr eingenommen worden waren, zwei Millionen Euro in gut 1000 Stellen, vorwiegend Tutoren und wissenschaftliche Hilfskräfte, investiert wurden. 2,3 Millionen Euro flossen in Service-Einrichtungen für die Studenten.

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