Türkei erlaubt Kopftücher im Staatsdienst

Istanbul · Mit einem „Demokratiepaket“ will Ministerpräsident Erdogan den Stillstand bei den Reformen in der Türkei überwinden. Die Kurden erhalten mehr Rechte. Aber auch das Kopftuchverbot soll fallen.

Fünf Monate nach dem Beginn des Abzugs kurdischer Rebellenkämpfer aus der Türkei in den Irak legt nun auch Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan seine Karten auf den Tisch. In einem "Demokratiepaket" hält er für jede Volks- und Interessengruppe ein Zugeständnis bereit. Es gehe darum, den Stillstand im Land zu überwinden und Terrorismus zu beenden, sagte Erdogan. Den erbitterten Streit um das Tragen von Kopftüchern im Staatsdienst will Erdogan beenden. Das Kopftuchverbot für den Staatsdienst will er nur noch für Justiz und Sicherheitskräfte gelten lassen. Damit löst er ein Versprechen an seine islamisch-konservativen Anhänger ein, die dafür die eine oder andere Kröte schlucken müssen.

Gespannt wartete die kurdische Volksgruppe auf die Vorschläge. Ihr soll nun Unterricht in Privatschulen in eigenen Sprachen erlaubt werden. Erdogan versprach zudem, Strafen für die Verwendung der im kurdischen Alphabet vorkommenden Buchstaben "q", "x" und "w" abzuschaffen. Mit einem neuen Gesetz soll darüber hinaus der Weg für eine Verwendung lange verbotener kurdischer Ortsnamen freigemacht werden.

Die von Erdogan angekündigten Schritte wären vor Jahren noch einer kleinen Revolution gleichgekommen. Inzwischen empfinden die Kurden das Recht auf Verwendung ihrer Sprache als Selbstverständlichkeit. "Dieses Paket erfüllt keine der Erwartungen des kurdischen Volkes", sagte Gültan Kisanak von der Kurdenpartei. Erdogan bereite sich damit auf die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen vor. Anfang September hatte bereits die verbotene Kurdische Arbeiterpartei PKK Ankara einen Mangel an Friedensbereitschaft vorgeworfen und den Abzug von Kämpfern in den Nordirak gestoppt. Es habe keine Freilassung Gefangener und keine Änderungen am umstrittenen Antiterrorgesetz gegeben.

Die EU-Kommission begrüßte das "Demokratiepaket". Die angekündigten Maßnahmen "lassen Fortschritte in vielen wichtigen Bereichen erhoffen".