Tsipras kam, taktierte und siegte

Athen/Brüssel · Trotz klammer Staatskassen, Ärger mit den Geldgebern und parteiinterner Turbulenzen hat Alexis Tsipras einen klaren Wahlsieg erzielt. Auch seine Regierung nimmt rasch Formen an. Die Geldgeber pochen ohne Umschweife auf rasche Reformen.

In der EU hat man auf eine andere Entscheidung gehofft als eine Neuauflage der Koalition der linken Syriza mit der populistischen Anel. Parlamentspräsident Martin Schulz kritisierte gestern in einem französischen Radiosender Alexis Tsipras die weitere Zusammenarbeit mit der "seltsamen, ziemlich rechten Partei". Deren Vorsitzender, Panos Kammenos, sei "unberechenbar".

Die beiden Parteien haben nur eine knappe Mehrheit von 155 von 300 Sitzen im Parlament. "Das ist der erschreckende Punkt", meinte der CSU-Europaabgeordnete und Finanzmarktexperte Markus Ferber gegenüber dieser Zeitung. Denn auch, wenn Tsipras nun ein Mandat zur Umsetzung der dringend notwendigen Reformen hat, steht deren Umsetzung auf wackligen Beinen. "Die mit den Gläubigern vereinbarten unzumutbaren sozialen Einschnitte könnten zur Zerreißprobe für die Regierung werden", warnte der finanzpolitische Sprecher der Europa-Grünen Sven Giegold.

Seit Tsipras vor einem Monat zurückgetreten war, lagen die für das dritte Hilfsprogramm vorausgesetzten Reformpläne ohnehin auf Eis. Dabei will die Quadriga aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank, Europäischem Stabilitätsmechanismus und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) bereits im Oktober die erste Zwischenbilanz ziehen. Von ihr wird abhängen, ob der IWF sich an dem 86 Milliarden Euro schweren Hilfsprogramm beteiligt. Hinter den Kulissen redete Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker dem wiedergewählten Premier bereits ins Gewissen. Der Grund: Während des Wahlkampfs versprach Tsipras erneut Erleichterungen bei den geforderten Arbeitsmarktreformen. Ebenso stellte er die nötige Steuerreform sowie die geplanten Privatisierungen, die ein dafür eingerichteter Treuhandfonds übernehmen soll, in Frage. Neu verhandeln will man in Brüssel allerdings nicht.

"Für Tspiras gilt es nun, den innenpolitischen Reformstau zu lösen", mahnte Giegold. Vor allem die Wirtschaft brauche neue Impulse. Diese ist seit 2009 um fast 30 Prozent eingebrochen, die Arbeitslosigkeit von 14 auf fast 30 Prozent gestiegen. Griechenlands Schuldenberg wuchs auf knapp 180 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung an.

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