Trinkwasser gegen Schmiergeld – Spanien als Korruptionsparadies

Madrid · Allein in den letzten Tagen erschütterten drei neue große Korruptionsskandale Spanien – alle in der Umgebung der konservativen Regierungspartei. Eine dieser Affären belastet auch den spanischen EU-Klimakommissar.

Viele spanische Bürger hoffen, dass die seit Jahren anhaltende Serie der Korruptionsskandale im Land langsam mal zu Ende geht. Doch dieser Wunsch erfüllte sich bisher nicht. Allein seit Jahresbeginn erschütterten drei neue große Bestechungsaffären die Nation. Sie betreffen durchweg die konservative Regierungspartei des amtierenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy , die immer tiefer im Sumpf der Vetternwirtschaft versinkt. Im aktuellen Korruptions-Index von Transparency International liegt Spanien auf Rang 36.

Bei einer ihrer jüngsten Fahndungsaktionen fanden die Korruptionsbekämpfer in der Mittelmeerregion Valencia in Rathäusern und Büros der konservativen Volkspartei reichlich Belastungsmaterial: Die beschlagnahmten Dokumente ließen die Ermittler zum Schluss kommen, dass die regionale Parteiorganisation Züge einer "kriminellen Organisation" trage. Prominente konservative Politiker hätten ihre Ämter benutzt, um bei öffentlichen Aufträgen systematisch Schmiergelder zu kassieren. 24 Amtsträger und Unternehmer sitzen in Untersuchungshaft.

Nur wenige Tage zuvor war eine weitere Bombe geplatzt: Die staatliche Gesellschaft Acuamed, die für den Bau von Meerwasser-Entsalzungsanlagen zuständig ist, soll sich ebenfalls betrügerischen Machenschaften gewidmet und auch EU-Gelder in Millionenhöhe veruntreut haben. Das funktionierte anscheinend so: Beim Bau dieser Anlagen zur Gewinnung von Trinkwasser wurden die Aufträge bestimmten Baukonzernen zu überhöhten Preisen zugeschustert. Den Gewinn sollen sich dann Acuamed-Manager und Bauunternehmen geteilt haben. Hier wurden bisher 13 Spitzenbeamte aus dem Umfeld der Volkspartei und Unternehmer beschuldigt.

Die Spuren dieses Schmiergeldskandals führten die Ermittler inzwischen ins spanische Umweltministerium, zu dem die Staatsfirma Acuamed gehört. Dort hatte während des mutmaßlichen Millionenbetrugs der heutige EU-Kommissar Miguel Arias Cañete das Sagen, der von 2011 bis 2014 Umweltminister war. Cañete war, so geht aus E-Mails und Zeugenaussagen hervor, an der Aushandlung wenigstens eines der zweifelhaften Geschäfte beteiligt.

Kein gutes Licht wirft auch die Aussage eines früheren Chefingenieurs von Acuamed auf die Ministeriumsspitze: Der Fachmann erklärte, dass er mehrfach das Ministerbüro auf die betrügerischen Praktiken aufmerksam gemacht habe. Zum Lohn wurde der Mann entlassen. Chefermittler Eloy Velasco, der vom Nationalen Gerichtshof aus die Untersuchung leitet, nennt in seinem Bericht nicht den Namen des EU-Kommissars. Spricht aber von "hochstehenden Führungskräften des Ministeriums", die in den Fall verwickelt seien. Cañetes damaliger Vize-Minister und Staatssekretär Federico Ramos zog bereits die Konsequenzen und trat zurück. Cañete selbst schweigt bisher.

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