Zwischen Leben und Tod

Was sind Patientenverfügungen? Viele Menschen lehnen es ab, bei schwersten Erkrankungen oder Unfällen von lebensverlängernden Maschinen versorgt oder künstlich ernährt zu werden. Für eine konkrete Entscheidung können sie sich aber womöglich nicht mehr selbst äußeren

Was sind Patientenverfügungen? Viele Menschen lehnen es ab, bei schwersten Erkrankungen oder Unfällen von lebensverlängernden Maschinen versorgt oder künstlich ernährt zu werden. Für eine konkrete Entscheidung können sie sich aber womöglich nicht mehr selbst äußeren. Deshalb haben bis zu zehn Millionen Menschen eine Patientenverfügung geschrieben, wie sie zwischen Leben und Tod behandelt werden wollen. Worin besteht das Problem? Strittig ist die Verbindlichkeit solcher Erklärungen. So könnten sie zum Beispiel zu einem Zeitpunkt geschrieben worden sein, als die konkrete Krankheit noch als hoffnungslos galt, inzwischen aber heilbar ist. Im Zweifelsfall gehen die Mediziner lieber auf Nummer sicher, denn mit dem Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen bewegen sie sich in einer rechtlichen Grauzone.Es gibt also noch kein Gesetz? Nein, zur Wirksamkeit von Patientenverfügungen liegen nur Gerichtsurteile vor, die aber unterschiedlich interpretiert werden. Fraglich ist zum Beispiel, ob eine Behandlung nur dann beendet werden darf, wenn die Krankheit einen "irreversiblen tödlichen Verlauf angenommen" hat.Wer initiiert die Anträge im Bundestag? Der älteste Entwurf wurde bereits vor zwei Jahren im Bundestag beraten. Er stammt von dem SPD-Rechtsexperten Joachim Stünker. Die zweite Vorlage geht auf den CDU-Politiker Wolfgang Bosbach zurück. Das jüngste Papier stammt von dem CSU-Gesundheitsexperten Wolfgang Zöller. Die drei Entwürfe werden jeweils von Abgeordneten mehrerer Fraktionen getragen.Wodurch unterscheiden sich die Anträge? Im Grad der Berücksichtigung des Patientenwillens. Der Stünker-Antrag räumt dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten klar Vorrang ein. So sollen lebensverlängernde Maßnahmen auch dann beendet werden, wenn die Krankheit nicht zwangsläufig zum Tod führt. In bestimmten Konfliktfällen soll aber ein Vormundschaftsgericht entscheiden.Was wollen Bosbach und Zöller?Die Bosbach-Vorlage enthält die strengsten Vorgaben. Sie unterscheidet zwischen einer einfachen und einer qualifizierten Patientenverfügung. Bei Ersterer wird der Behandlungsabbruch nur verbindlich, wenn die Krankheit tödlich ist. Die zweite Variante soll für jedes Krankheitsstadium gelten. Dazu muss der Patient aber eine ärztliche Beratung nachweisen. Die Verfügung muss notariell beglaubigt sein und alle fünf Jahre erneuert werden. Der Zöller-Entwurf lehnt sich an das Stünker-Modell an. Demnach sind sogar mündliche Verfügungen bindend. Der Arzt sollte aber stärker in die Entscheidung über einen Behandlungsabbruch eingebunden werden.Welcher Entwurf setzt sich durch? Den stärksten Zuspruch unter den Abgeordneten hat das Stünker-Papier. Ohne nachträgliche Korrekturen dürfte es aber auch keine Mehrheit im Bundestag bekommen. Denkbar ist eine Kombination aus dem Zöller-Papier und der Stünker-Vorlage. Die Vorstellungen der Gruppe um Bosbach ernteten gestern im Bundestag die meiste Kritik.

HintergrundSaar-Regierungschef Peter Müller (CDU) hält eine gesetzliche Regelung als "dringend erforderlich". Form, möglicher Inhalt und Vorgehensweise von Betreuern, Ärzten und Pflegepersonal im Ernstfall "bedürfen klarer gesetzlicher Vorgaben", so Müller gestern. Dabei müsse aber auch feststehen: "Auf lebenserhaltende Maßnahmen zu verzichten oder sie abzubrechen, darf nur in Betracht kommen, wenn eine unheilbar tödlich verlaufende Krankheit nicht mehr reversibel ist." red

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