Zweifel an DNA-Tests wachsen

Stuttgart. Jahrelang sucht die Polizei eine Serienmörderin und Einbrecherin, die europaweit an 40 Tatorten ihre DNA-Spur hinterlässt. Und nun läuft alles darauf hinaus, dass es die "Frau ohne Gesicht" gar nicht gibt

 Wie sicher sind die DNA-Tests? Nach der Wattestäbchen-Panne in Sachen "Phantom" wachsen die Zweifel. Foto: dpa

Wie sicher sind die DNA-Tests? Nach der Wattestäbchen-Panne in Sachen "Phantom" wachsen die Zweifel. Foto: dpa

Stuttgart. Jahrelang sucht die Polizei eine Serienmörderin und Einbrecherin, die europaweit an 40 Tatorten ihre DNA-Spur hinterlässt. Und nun läuft alles darauf hinaus, dass es die "Frau ohne Gesicht" gar nicht gibt. Gehören nun alle DNA-Tests in der polizeilichen Ermittlungsarbeit auf den Prüfstand? Wie viele alte Fälle müssen neu aufgerollt werden?

Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech (CDU) will noch nicht so weit gehen: "Voreilige Schlussfolgerungen waren und sind nicht angebracht", sagt er. Aber der Verdacht hat sich erhärtet: Die zur Spurensicherung eingesetzten Wattestäbchen eines österreichischen Unternehmens mit Ablegern unter anderem in Baden-Württemberg und Bayern sollen schon vorher mit einer DNA verunreinigt worden sein.

Wer ist dafür verantwortlich im Herstellungs-, Produktions-, Verpackungs- und Transportprozess des Unternehmens? "Dies beginnt beim Pflücken der Baumwolle und endet bei der Auslieferung an den Verbraucher", sagt ein Sprecher des Landeskriminalamts (LKA) in Saarbrücken. Es verdichtet sich aber, dass die DNA nicht von einer Baumwollpflückerin stammt, sondern von einer Mitarbeiterin der Wattestäbchen-Firma. Nun muss die Polizei wohl alle ungelösten Kriminalfälle, die mit der DNA-Spur des vermeintlichen Phantoms in Verbindung gebracht wurden, neu beleuchten. Denn das Bindeglied der Fälle, die DNA des Phantoms, fällt weg. Den Ermittlern dürfe daraus aber kein Vorwurf gemacht werden. Rech kündigte rechtliche Schritte gegen die Wattestäbchen-Firma an. Ungereimtheiten in dem Fall der "Frau ohne Gesicht" stellten die Ermittler schon früh fest. Mit jedem neuen Fall konnten die Sachverhalte aus kriminalistischer Sicht immer weniger plausibel erklärt werden. Bereits nach den tödlichen Schüssen auf eine Polizistin auf der Heilbronner Theresienwiese im April 2007 hatten sich die Fahnder gewundert, dass es keine Zeugen gab.

Weitere Ungereimtheiten tauchten im Zusammenhang mit dem Mord an drei Georgiern im hessischen Heppenheim auf. Im Auto des inzwischen verurteilten Verbindungsmannes des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz wurde der genetische Fingerabdruck der mutmaßlichen Heilbronner Polizistenmörderin gefunden. Bereits früh deutete nichts auf eine direkte Verbindung zwischen dem Fall der Georgier und der unbekannten Serientäterin hin.

Spätestens seitdem stellen sich die Ermittler die Frage, ob Fehler bei DNA-Untersuchungen gemacht wurden. "Gibt es im Untersuchungsprozess in den Laboren unter Umständen Anhaltspunkte für Fehler?", habe man sich damals gefragt, erzählt der Leiter des Kriminaltechnischen Instituts des LKA in Stuttgart, Werner Kugler.

Experten hätten diese Frage verneint. Von da an waren die Beamten möglichen Fehlern im sichernden Bereich auf der Spur, ohne aber die Öffentlichkeit darüber zu unterrichten.

Dass Utensilien zur Spurensicherung verunreinigt sein könnten und das Phantom gar nicht existiert, hatte bereits Ende des Jahres der Münsteraner Rechtsmediziner Bernd Brinkmann vermutet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Formel 1-Saisonauftakt Genau 146 Tage nach dem Saisonfinale 2008 in Brasilien, in dem Lewis Hamilton auf den letzten Metern im McLaren-Mercedes Weltmeister wurde, startet die Formel 1 am Sonntag in ihr 60. WM-Jahr. Zehn Teams und 20 Piloten, darunter wied
Formel 1-Saisonauftakt Genau 146 Tage nach dem Saisonfinale 2008 in Brasilien, in dem Lewis Hamilton auf den letzten Metern im McLaren-Mercedes Weltmeister wurde, startet die Formel 1 am Sonntag in ihr 60. WM-Jahr. Zehn Teams und 20 Piloten, darunter wied