Zwei neue Chefs auf Europas Showbühne

Brüssel. Seine Hymne heißt "Ode an die Freude" und stammt von Ludwig van Beethoven. Dazu wird die blaue Flagge mit den zwölf gelben Sternen aufgezogen: Herman Van Rompuy regiert zwar ab dem 1. Januar 2010 keinen Staat. Und aus dem neuen Reformvertrag wurden alle staatstypischen Symbole bewusst gestrichen

Brüssel. Seine Hymne heißt "Ode an die Freude" und stammt von Ludwig van Beethoven. Dazu wird die blaue Flagge mit den zwölf gelben Sternen aufgezogen: Herman Van Rompuy regiert zwar ab dem 1. Januar 2010 keinen Staat. Und aus dem neuen Reformvertrag wurden alle staatstypischen Symbole bewusst gestrichen. Aber er wird trotzdem Europas mächtigster Mann und protokollarisch wie ein Staatsoberhaupt behandelt - Hymne und Fahne inklusive. Der 62-jährige Belgier (Spitzname: Sphinx) tritt am Freitag sein Amt als ständiger Ratspräsident der EU an. Gleichzeitig bekommt die Gemeinschaft einen neuen wechselnden Ratspräsidenten: den spanischen Ministerpräsidenten José Luis Rodriguez Zapatero (Spitzname: Sosoman, ein Wortspiel mit "Superman", wobei "soso" langweilig bedeutet). "Es wird keinen Wettbewerb geben, sondern Unterstützung", kündigte Madrids Außenminister Miguel Angel Moratinos an. Er und seine Kabinettskollegen wollen ihre sechsmonatige Ratspräsidentschaft auf die Leitung der diversen Ministerräte beschränken: "Wir werden Van Rompuy unterstützen. Es ist seine Show." Das wird man sehen. Die Spanier wollen vor allem außenpolitisch punkten, indem sie den Nahost-Friedensprozess voranbringen. Allerdings ahnt man in Madrid bereits, dass der Aufstand im Iran schnell eskalieren und Europa in den Strudel der Ereignisse geraten könnte. Intern steht gleich ein ganzes Paket an Neuregelungen für den Finanzmarkt an. Außerdem will die EU ihre Hausaufgaben in Sachen Klimaschutz erledigen, nachdem der Kopenhagener Gipfel aus Brüsseler Sicht Ergebnisse eher am untersten Ende der Zufriedenheitsskala brachte. Spanien fühlt sich betroffen: Die iberische Halbinsel gehört längst zu den Regionen, in denen sich der Klimawandel durch ausgedehnte Dürre bemerkbar macht. Tatsächlich aber drängen andere Themen in den Vordergrund: Die finanzielle Situation Griechenlands bedroht den stabilen Euro. Spanien weiß, wie man sich fühlt, wenn der Staat von massiven Schulden erdrückt wird. Madrid hat einen festen Platz auf der Liste der Kandidaten für einen Staatsbankrott. Für 2009 und 2010 wird ein Defizit von rund sechs Prozent erwartet. Dabei könnte Zapatero, der in seinem Land mit dem Rücken an der Wand steht, internationalen Glanz gut gebrauchen. Spaniens tiefe Wirtschaftskrise mit annähernd 20 Prozent Arbeitslosen, einem drohenden Staatsdefizit von gut zehn Prozent und beängstigender Familienverschuldung hat Zapateros Stern sinken lassen. Den Prognosen zufolge dürfte Spanien auch deutlich später als seine EU-Nachbarn aus dem Wirtschafts-Tal wieder herausfinden.Ein wenig Ablenkung soll da das Gipfeltreffen der EU-Spitze mit der US-Führung im Mai bringen. Ausnahmsweise genehmigten die Staats- und Regierungschefs ihrem Madrider Kollegen, Präsident Barack Obama nach Spanien einzuladen. Künftig sollen alle turnusmäßigen Gipfeltreffen mit den Führungen aus Russland, China, Lateinamerika, den USA und den asiatischen Staaten in Brüssel stattfinden. Aber dort - und das wusste Spaniens Premier Zapatero sehr genau, als er die Bitte äußerte, - hat er nichts mehr zu sagen. Brüssel ist das Hoheitsgebiet des neuen Präsidenten Herman Van Rompuy.

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