Jahresbericht über Bestechung Zwei Drittel der Länder gelten als korrupt

Berlin · Transparency International nennt die Zahlen alarmierend. Auch Deutschland wird schlechter bewertet

 Korruption weltweit

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Foto: dpa-infografik/dpa-infografik GmbH

(epd/dpa) Mehr als zwei Drittel der Länder weltweit gelten laut Transparency International als korrupt. Von den 180 auf Korruption untersuchten Ländern erreichten 124 weniger als 50 von insgesamt 100 möglichen Punkten, heißt es im gestern in Berlin vorgestellten Jahresbericht der Antikorruptionsorganisation. Der Durchschnittswert liegt bei 43 Punkten. Deutschland liegt mit 80 Punkten auf Platz elf des weltweiten Rankings, aber auch hier nimmt offenbar Korruption und Bestechung in Wirtschaft und öffentlichen Institutionen zu.

Am besten schneidet Dänemark mit 88 von 100 Punkten ab vor Neuseeland mit 87 und Finnland mit 85 Punkten. Unter den schwarzen Schafen sind auch EU-Staaten wie Kroatien mit 49 Punkten, Rumänien – das aktuell den Vorsitz im Rat der EU inne hat – mit 47, Ungarn mit 46, Griechenland mit 45 und Bulgarien mit 42 Punkten. Die letzten Plätze belegen Südsudan und Syrien mit jeweils 13 und Somalia mit zehn Punkten.

Die deutlichste Verschlechterung verzeichnete laut Transparency Aserbaidschan, das von Rang 122 auf Rang 152 abstürzte. 2017 wurden Korruptionsvorwürfe bekannt, wonach sich Politiker mehrerer europäischer Staaten, darunter auch Deutschland, als Interessenvertreter Aserbaidschans im Europarat haben kaufen lassen.

Der jährliche Corruption Perceptions Index (CPI) misst die in Wirtschaft, Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption auf der Grundlage verschiedener Expertenbefragungen. Vergeben werden die Punkte auf einer Skala von Null für hohes Maß an wahrgenommener Korruption bis 100 für keine wahrgenommene Korruption.

Die Vorsitzende von Transparency Deutschland, Edda Müller, sagte: „Offensichtlich existiert hier der Eindruck, dass man mit unlauteren Methoden auch in Deutschland Geschäfte fördern kann.“ Sie nannte die Situation „beunruhigend“. Die Skandale der deutschen Großkonzerne ließen den Glauben der Menschen an den Rechtsstaat bröckeln. Es gebe Rückschritte auch bei Ländern, von denen man es nie gedacht hätte. So seien die USA von Platz 16 auf Platz 22 deutlich abgerutscht. Leichte Verschiebungen nach unten gab es zudem bei Ländern wie Neuseeland, Norwegen, Kanada, Luxemburg und Deutschland.

Korruption gedeiht laut Müller, wenn Rechtsstaat und demokratische Institutionen geschwächt werden und die Freiräume für Zivilgesellschaft und unabhängige Medien schrumpfen. Beispiele seien in Europa Ungarn und die Türkei, deren CPI-Werte in den vergangenen Jahren um neun und acht Punkte fielen.

Das schlechtere Abschneiden der Bundesrepublik geht laut Müller auf die Befragung von Führungskräften aus der Wirtschaft zurück. Wenn nach deren Einschätzung auch in Deutschland Geschäfte mit unlauteren Methoden gefördert werden können, sei das „alarmierend“, sagte die Transparency-Vorsitzende. „Daraus müssen Konsequenzen gezogen werden“, sagte Müller.

Noch immer gebe es hierzulande keine klaren Transparenzregeln für Lobbyismus, eine zu enge Allianz zwischen Führungskräften aus Politik und Wirtschaft und keinen wirksamen Schutz für Whistleblower (Hinweisgeber). Sehr besorgt sei Transparency auch über den Umgang mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die als einziger Verbraucherverband nicht in die Liste der Musterfeststellungsklageberechtigten aufgenommen wurde. Das und Versuche, ihr die Gemeinnützigkeit zu entziehen, weil sie Dieselfahrverbote gerichtlich erzwingt, sei ein „Angriff auf die Zivilgesellschaft“, sagte Müller.

Bundesentwicklungsmi­nister Gerd Müller (CSU) nannte gestern Korruption „die größte Geißel für Entwicklung“. Sie untergrabe Rechtsstaatlichkeit, verhindere Investitionen und zerstöre das Vertrauen in den Staat. Die Grünen forderten ein verbindliches Lobbyregister, mit dem jeder nachvollziehen kann, welche Lobbygruppen sich im politischen Bereich für ihre Interessen einsetzen.

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