Zurück in der ersten Reihe

Sie ist wieder da. "Rückkehr in Gnade" schrieben die Zeitungen unter die Bilder, die Rachida Dati im Zug neben Nicolas Sarkozy zeigten, auf dem Weg zu einer Wahlkampfveranstaltung im nordfranzösischen Lille. Und jede der Gazetten erwähnte ihr Outfit, in dem sie den Saal für den Präsidenten-Kandidaten anheizen durfte: ganz in schwarz, auf knallroten High Heels

Sie ist wieder da. "Rückkehr in Gnade" schrieben die Zeitungen unter die Bilder, die Rachida Dati im Zug neben Nicolas Sarkozy zeigten, auf dem Weg zu einer Wahlkampfveranstaltung im nordfranzösischen Lille. Und jede der Gazetten erwähnte ihr Outfit, in dem sie den Saal für den Präsidenten-Kandidaten anheizen durfte: ganz in schwarz, auf knallroten High Heels. "Ihr Achilles-Absatz", witzelte ein Magazin - dabei erscheint eine Rachida Dati, die auf Stöckeln abrutscht, unvorstellbar. Sie ist trittsicher. Und aufstampfen kann sie auch. Selbstdisziplin und Ehrgeiz sind das größte Kapital dieser Frau, die vor ein paar Jahren als die glamouröseste Ministerin Frankreichs galt, eine politische Sensation; die dann - bei ihrem Mentor Sarkozy in Ungnade gefallen - aus der Regierung ausschied und Leibwächter und Chauffeur verlor. Nun kehrt sie in Sarkozys Team zurück. Er braucht jeden Unterstützer, sagt er.Dati selbst sieht das mit der "Rückkehr" anders: "Ich war nie weg, ich bin eine politische Abgeordnete", erklärt sie gereizt. So wie sie vor fünf Jahren direkt an Sarkozys Seite als seine Wahlkampfsprecherin gekämpft habe, engagiere sie sich auch heute für ihn. Fast täglich sehen sie sich für Besprechungen zu den "herausragenden Themen": Innere Sicherheit, Einwanderung, Schule, Familie. Anders als 2007 müsse sich Sarkozy nicht mehr vorstellen, sondern eine Bilanz verteidigen. Sie will ihm im Duell gegen den sozialistischen Kandidaten François Hollande zur Seite stehen, der der Ideologie einer "alten Linken ohne Ideen" nachhänge, nur getragen vom "Anti-Sarkozysmus".

Sie spricht schnell, pointiert, angriffslustig. Zugänglich wird sie bei persönlichen Fragen, wie der nach ihrer dreijährigen Tochter Zohra. Den Namen des Vaters hat sie nie preisgegeben. "Ich versuche sie so oft wie möglich zu sehen, wenn sie nicht im Kindergarten ist", sagt die Frau, die vier Tage nach der Geburt wieder im Büro saß.

Es ist ein eigenartiger Kontrast zwischen der erdrückend majestätischen Amtsstube mit ihren breiten Samtstühlen im Rathaus des siebten Arrondissements von Paris, einem bürgerlich-schicken Stadtteil, und seiner Hausherrin, der schmalen, aber resoluten Rachida Dati. Sie trägt schwarz, der Lippenstift glänzt knallrot. Viel wurde über die Wirkung der 46-Jährigen geschrieben. In der Signatur ihrer E-Mails steht nicht nur, dass sie Europa-Abgeordnete ist, sondern "ehemalige Ministerin".

Vorgezeichnet war dieser Weg nicht. Dati wuchs mit elf Geschwistern als Tochter eines marokkanischen Maurers und einer Algerierin im Städtchen Chalon-sur-Saône im Burgund auf. Doch 2002 betraute der damalige Innenminister Sarkozy die Ökonomin und Juristin mit einem Projekt für Gewalt-Prävention. Sie hatte keine der Elitehochschulen besucht, die sonst das Top-Personal in Wirtschaft, Verwaltung und Politik stellen.

Nach seiner Wahl 2007 machte Sarkozy sie zur Justizministerin, der ersten mit Migrationshintergrund. Wie Staatssekretärin Rama Yade, geboren im Senegal, stand Dati für Sarkozys Politik der Öffnung, der Vielfalt und des "Bruchs" mit den Konventionen. Datis Nominierung diente als Botschaft: In Sarkozys Frankreich kann es jeder schaffen, der arbeitet und an sich glaubt. Ja, sagt Dati, viele junge Leute gerade in den benachteiligten Vorstädten würden sie als Idol betrachten.

Auch privat stand sie dem Präsidenten nahe, dessen zweite Frau Cécilia sie eine "Schwester" nannte. Weniger innig ist das Verhältnis zu deren Nachfolgerin Carla Bruni; Dati wurde gar als Urheberin der Gerüchte über Seitensprünge des Präsidentenpaars im Frühjahr 2010 verdächtigt. Der persönlichen Entfremdung folgte die berufliche. Nach gut zwei Jahren und einer umstrittenen Justizreform wechselte Dati von der Regierung ins EU-Parlament, nachdem sich Rama Yade erfolgreich gegen diese "Abschiebung" gewehrt hatte.

Während Dati dort seltene Anwesenheit vorgeworfen wird, arbeitet sie an ihrer Karriere in Paris. Bei den Parlamentswahlen im Juni will sie sich für einen Bezirk bewerben, für den ihre Partei Premierminister François Fillon nominiert hat. Dati zieht seither gegen Fillon ins Feld, macht ihren Kampf zu einem der Geschlechter und sich selbst zur Vertreterin der Frauen als einer noch immer in der Politik benachteiligten Minderheit. Erst seit der Annäherung an Sarkozy spricht sie zurückhaltender über den Konflikt. "Ich bin weiterhin Kandidatin", sagt sie nur. Aufgeben will sie natürlich nicht. "Ich war

nie weg,

ich bin eine politische

Abgeordnete."

Hintergrund

Vor der Präsidentenwahl in Frankreich am 22. April (erster Wahlgang) und 6. Mai (zweiter Wahlgang) hat Staatschef Nicolas Sarkozy den Vorwurf der illegalen Wahlkampffinanzierung im Jahr 2007 zurückgewiesen. Sarkozy sprach gestern mit Blick auf die Vorwürfe von "Stinkbomben", die im Wahlkampf geworfen würden. Er sagte, dass die zuständige Kommission seine Wahlkampffinanzierung gebilligt habe. Einnahmen und Ausgaben seien "Millimeter für Millimeter" kontrolliert worden. In Bordeaux laufen Ermittlungen im Zusammenhang mit den Affären um L'Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt. Dabei geht es auch um Gelder, die illegal in den Wahlkampf Sarkozys geflossen sein könnten.

Im Falle seiner Wiederwahl will Sarkozy Steuerschlupflöcher schließen und so 4,5 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen. Die Maßnahme solle dazu beitragen, bis 2016 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dazu fehlten noch acht Milliarden Euro. Durch eine Besteuerung von Großunternehmen, die bisher ihren Gewinn im Ausland versteuern, sollen mindestens 3,5 Milliarden Euro hereinkommen. afp

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort