Zu viel Geld für die Reise in die Urzeit?"Freizügige Verschwendung von Steuergeldern"

Saarbrücken. Der Ton macht die Musik - und die klingt nach einem selten strammen Marsch, den die Prüfer der Regierung blasen. Nicht, dass die Einwände des Rechnungshofes gegen das Redener Gondwanapark-Projekt neu wären. Bereits im Jahresbericht (Mai 2009) tauchten sie auf - und machten kaum Wirbel

Saarbrücken. Der Ton macht die Musik - und die klingt nach einem selten strammen Marsch, den die Prüfer der Regierung blasen. Nicht, dass die Einwände des Rechnungshofes gegen das Redener Gondwanapark-Projekt neu wären. Bereits im Jahresbericht (Mai 2009) tauchten sie auf - und machten kaum Wirbel. Zu lange schon, seit 2007, hatte die damalige Opposition - Grüne, SPD und FDP - die Landesregierung durch die Mangel gedreht: wegen Quersubventionierung, Steuergeldverschwendung von "Nirvana-Luftschlössern" und Finanzierungs-Intransparenz. Und die CDU-Regierung und ihre Flächenmanagement-Firma Industriekultur Saar GmbH (IKS) hatten gebetsmühlenhaft wiederholt: Jeder Euro - man sprach von fünf Millionen direkter Unterstützung - sei korrekt nach (Tourismus-)Förderrichtlinien verausgabt worden, vor allem aber vernünftig angelegt, für den Strukturwandel. Doch wie genau und was darüber hinaus, wurde nie geklärt.

Noch im August 2008 starteten die Grünen eine parlamentarische Anfrage, um "endlich eine Übersicht der Kosten" zu erhalten. Seit gestern ist sie nun da und an Detailliertheit kaum zu toppen. Nicht die Regierung hat für Offenlegung gesorgt, sondern der Rechnungsshof in einem Sonderbericht. Das Aufsichtsgremium greift bei Themen größerer Dringlichkeit zu diesem seltenen Instrument. Im Fall von Gondwana gaben "unzutreffende und unvollständige Sachverhaltsdarstellungen" in jüngerer Vergangenheit den Anstoß. Wobei offen bleibt, wer diese geliefert hat: die Medien, Investor Matthias Michael Kuhl, die IKS oder gar die Staatskanzlei? Deren Chef Minister Karl Rauber (CDU) hat als Aufsichtsratschef der IKS das Sagen in Reden.

Jedenfalls schwebten noch im Dezember, zum Einjahres-Jubiläum, rosa Wolken über dem Ex-Grubenstandort: 200 000 Besucher erfüllten alle Betreiber-Erwartungen, hieß es, Kuhl investiere nochmal fünf Millionen Euro, baue bis Ende 2011 eine zweite Halle. Kuhl selbst hatte allerdings immer die Zahl von 245 000 Besuchern jährlich zum Wirtschaftlichkeits-Maßstab gemacht. "Wir haben erfahren: Man kann auch mit niedrigeren Zahlen profitabel sein,", erklärte gestern Kuhls Pressechef Gunther Träger und verwies auf die anstehende Erweiterung. Mehr sei nicht zu sagen.

In der Tat steht nicht der Investor, sondern die Regierung in der Kritik. Deren Hauptpunkte lauten: Unzureichende Mietvertrags-Regelungen, "Freistellung" des Investors von jeglichem Risiko, inakzeptable Verteuerung der Strukturwandel-Maßnahmen. Im Einzelnen: Die Maßnahme Zechenhaus, das dem Investor zur Sanierung (8,7 Millionen Euro) übertragen und vom Land für Behördenzwecke auf 25 Jahre zurückgemietet wurde, schlage mit 36,9 Millionen (statt der veranschlagten 30,2) zu Buche. Dies, weil man Mietpreissteigerungen im Vertrag nicht ausgeschlossen habe. Hätte das Land selbst investiert, wäre man mit 14,5 Millionen Euro ausgekommen. Außerdem biete der Vertrag dem Land keine Sicherheiten, wenn der Investor pleite gehe. Letzterem habe man bei den Banken ein Kreditvolumen von 17,6 Millionen ermöglicht, wodurch nicht nur die Baumaßnahme Zechenhaus, sondern verdeckt der Park bezuschusst worden sei. Weiter heißt es: Die angemietete Fläche (13 000 Quadratmeter) würde durchweg mit acht Euro berechnet, obwohl davon nur 3000 Quadratmeter reine Bürofläche sei. Man hätte eine gestaffelte Miete aushandeln müssen. Auch fehle im Mietvertrag der Hinweis auf die unentgeltliche Rückübertragung des Eigentums nach 25 Jahren.

Das Fazit, wörtlich: "Das Saarland (. . .) hat durch die Förderung des Gondwanaparks, durch die Beteiligung an den Kosten für Infrastrukturmaßnahmen und letztlich durch Mietzahlungen in erheblichem Umfang den Grundstein für die Belastung des Haushaltes in einer Größenordnung von ca. 44 Millionen Euro gelegt." Dieser Sichtweise widerspricht IKS-Geschäftsführer Karl Kleineberg: "Ich halte Gondwana weiterhin für ein strukturpolitisches Vorzeige-Projekt." Er weist darauf hin, dass der Rechnungshof manche notarielle Regelungen im Rahmenvertrag übersehen habe oder nicht anerkenne. "Wochenlang" sei von Anwälten über dieses hochkomplizierte Vertragswerk "gebrütet" worden. Es hat den Anschein, als müssten nun auch auch die Saar-Abgeordneten mächtig viel Zeit investieren, um wahr und falsch zu scheiden.

Saarbrücken. Nach dem Sonderbericht des Rechnungshofes zum Bau des Gondwana-Parks sieht sich die Saar-SPD in ihrer kritischen Haltung gegenüber der Projektfinanzierung "vollumfänglich bestätigt". SPD-Generalsekretär Reinhold Jost sagte, der "Skandal" um die Finanzierung des Parks habe "weit größere Ausmaße als bislang angenommen". Die SPD werde "die freizügige Verschwendung von Steuergeldern" erneut zum Thema im Landtag machen: "Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie jetzt klare Vorschläge macht, wie der Schaden für den Landeshaushalt minimiert werden kann." Ähnlich drastische Worte kamen gestern von der Linkspartei. "Angesichts der prekären wirtschaftlichen und sozialen Lage des Saarlandes halten wir die Vorgänge für einen Skandal", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Barbara Spaniol.

FDP-Fraktionschef Horst Hinschberger erklärte, dass der Rechnungshof die mehrfach geäußerten Bedenken seiner Partei bestätigt habe. Zugleich machte er deutlich: "Die Verantwortung für die Vorgänge liegt ausschließlich bei der damaligen Landesregierung." Grünen-Chef Hubert Ulrich kündigte für Montag Gespräche mit den Koalitionspartnern CDU und FDP an: "Wir standen dem Projekt als Opposition immer sehr, sehr kritisch gegenüber. Es ist ein Projekt der alten Landesregierung und hat mit der neuen erstmal nichts zu tun. Nur müssen wir jetzt entsprechend umgehen damit." Die CDU-Fraktion war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. tho

"Ich halte Gondwana weiterhin für ein strukturpolitisches Vorzeige-Projekt."

IKS-Geschäftsführer

Karl Kleineberg

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