Zschäpe spricht erstmals im NSU-Prozess

München · Jahrelang schwieg sie eisern, nur schriftlich erklärte sie sich über ihre Anwälte. Auch auf Fragen antworteten ihre Verteidiger für sie. Jetzt hat Beate Zschäpe erstmals selbst das Wort ergriffen.

Die Stimme ist auffällig hoch, der Dialekt verrät die Herkunft aus Thüringen: Etwa eine Minute bekommen die Beteiligten des NSU-Prozesses am Donnerstag Beate Zschäpe nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören. Nach dreieinhalb Jahren des Schweigens hat die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe im Münchner NSU-Prozess zum ersten Mal persönlich das Wort ergriffen. Sie bedauere ihr "Fehlverhalten" und verurteile, was ihre Freunde Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt den Opfern "angetan haben", sagte sie gestern in einer kurzen Erklärung vor dem Münchner Oberlandesgericht. Zudem distanzierte sich die Hauptangeklagte von "nationalistischem Gedankengut".

In der kurzen Erklärung, die sie von einem Blatt Papier ablas, räumte Zschäpe ein, sich früher "durchaus mit Teilen des nationalistischen Gedankenguts" identifiziert zu haben. Dies sei heute jedoch nicht mehr so. Im Laufe der Jahre seien ihr solche Dinge "wie Angst vor Überfremdung zunehmend unwichtiger" geworden. "Heute beurteile ich Menschen nicht nach Herkunft und politischer Einstellung, sondern nach Benehmen."

Zschäpe, das einzige noch lebende Mitglied des NSU-Trios, steht seit dem 6. Mai 2013 in München vor Gericht. Mundlos und Böhnhardt töteten sich den Ermittlungen zufolge im November 2011 nach einem missglückten Banküberfall selbst, um der Festnahme zu entgehen. Die Bundesanwaltschaft wirft der 41-Jährigen Mittäterschaft an zehn überwiegend rassistisch motivierten Morden und zwei Sprengstoffanschlägen vor, die dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) angelastet werden.

Seit Dezember antwortete Zschäpe auch auf Nachfragen des Gerichts - aber immer nur schriftlich und mit Verlesung der Antworten durch ihre Anwälte. Nach mehr als 300 Verhandlungstagen könnte der NSU-Prozess bald zu Ende gehen: Der psychiatrische Gutachter Henning Saß sagte zu, er wolle in der dritten Oktoberwoche sein Gutachten liefern. Dies gilt in der Regel als Schlusspunkt der Beweisaufnahme.

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