Zerstrittenheit der Opposition stärkt Assad

Istanbul · Anstatt geeint gegen Präsident Baschar al-Assad zu kämpfen, schwächt sich die syrische Opposition durch interne Streitereien um die Machtverteilung selbst.

Die syrische Opposition ist auf einen neuen Tiefpunkt gesunken. Wegen schwerer Zerwürfnisse wurde ein ursprünglich auf drei Tage angesetztes Treffen der Regimegegner in Istanbul auf eine Woche verlängert. Streit gab es einerseits um die Dominanz der islamistischen Muslim-Brüder, andererseits um die Aufnahme säkulärer Kräfte in den Oppositions-Dachverband SNC. Der Zoff kurz vor der für Juni geplanten internationalen Syrien-Konferenz ist nicht nur peinlich für die Oppositionellen selbst, sondern auch für deren westliche Unterstützer.

Seit der vergangenen Woche beraten rund 60 SNC-Vertreter in Istanbul über die Aufnahme neuer Mitglieder, die das Bündnis vom Ruf befreien sollen, ein Vehikel der Muslim-Brüder zu sein. Die Muslim-Brüder sind eine der stärksten Einzelkräfte unter den Gegnern von Präsident Baschar al-Assad und beherrschen die Koalition. In Istanbul wollte ein säkuläres Bündnis unter dem liberalen Autor Michel Kilo mit 25 zusätzlichen Sitzen in die SNC eintreten - das hätte die Machtverhältnisse in der Opposition zugunsten der nicht-islamistischen Vertreter verändert. Doch Kilos Gruppe bekam nur sechs Sitze.

Selbst in der für interne Streitigkeiten, Machtspielchen und Postengerangel bekannten syrischen Opposition markierte diese Abfuhr eine ganz besonders schwere Krise. Westliche Staaten und auch Saudi-Arabien hatten Kilos Gruppe unterstützt.

Vor lauter Gezänk ist die Opposition in Istanbul bisher nicht dazu gekommen, über eine Teilnahme an der geplanten Syrien-Konferenz in Genf zu entscheiden. Die Lähmung der Regierungsgegner ist ein weiterer Teilerfolg für Staatsschef Assad, der mit Unterstützung der libanesischen Hisbollah in letzter Zeit militärische Fortschritte erzielen konnte.

Die Rebellen dagegen müssen immer neue militärische und politische Rückschläge verkraften. Der EU-Beschluss, das Waffenembargo nicht zu verlängern, reicht den Aufständischen nicht, weil bis August keine Waffen aus EU-Staaten geliefert werden sollen. "Bis dahin könnten wir 40 000 Tote mehr haben", sagte Louay Al Moktad, Sprecher der "Freien Syrischen Armee" (FSA). Die EU wolle bis August warten, um bis dahin eine politische Lösung zu ermöglichen, aber: "Das Problem ist, dass es keine politische Lösung geben wird, wenn die FSA nicht stark genug ist", sagte Moktad.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort