"Yes, he can Kanzler"

Berlin. Ein kleiner Hund hätte noch gut gepasst. Vor seiner Rede hält Frank-Walter Steinmeier seine Frau Elke im Arm und lässt sich mit ihr zusammen von den 2500 Zuschauern feiern. In der ersten Reihe klatscht die Parteispitze, Seit an Seit. Draußen gibt es "Wir-für-Frank"-Devotionalien. T-Shirts und Anstecker. Auf Transparenten steht: "Yes, he can Kanzler"

Berlin. Ein kleiner Hund hätte noch gut gepasst. Vor seiner Rede hält Frank-Walter Steinmeier seine Frau Elke im Arm und lässt sich mit ihr zusammen von den 2500 Zuschauern feiern. In der ersten Reihe klatscht die Parteispitze, Seit an Seit. Draußen gibt es "Wir-für-Frank"-Devotionalien. T-Shirts und Anstecker. Auf Transparenten steht: "Yes, he can Kanzler". Manches an der Wahlkampferöffnung der Sozialdemokraten erinnert an Amerika.

Dazu trägt der Veranstaltungsort bei, das Berliner "Tempodrom", in dem die Zuschauer rund um die Bühne sitzen. Das schafft eine familiäre, fast intime Atmosphäre. Aber wahrscheinlich wäre der SPD-Führung eine solche Stimmung auch in einer Lagerhalle für Schweinehälften gelungen. Man fühlt sich so wohl miteinander, dass sogar die wichtigsten Sprecher der Parteilinken, Juso-Chefin Franziska Drohsel, Arbeitnehmer-Vertreter Ottmar Schreiner und die Frauenpolitikerin Elke Ferner mit einer kleinen Talk-Runde den Auftakt machen dürfen. Drohsels Satz, es gehe bei der Wahl um das "endgültige Ende des neoliberalen Turbokapitalismus" wird beklatscht, Schreiners Forderung nach eine Bildungsoffensive wie in den 70er Jahren ohnehin. Das steht so ähnlich - Gebührenfreiheit von der Kita bis zum Studium - auch im Wahlprogramm, um das es gehen soll. Doch spielt es nur am Rande eine Rolle. Die Stimmung steht im Vordergrund. Links oder rechts, die SPD scheint keine Flügel mehr zu kennen. Die Parteispitze befindet sich sowieso gerade in Fetenlaune. Fast alle waren bis in die frühen Morgenstunden bei Gerhard Schröders Geburtstagsparty.

Ein paar Stunden am Donnerstag im Präsidium, fünf Stunden am Sonnabend im großen Kreis aus Partei- und Fraktionsvorstand - dann war das 57-seitige SPD-Wahlprogramm beschlossen. Und zwar einstimmig. Nur um die von den Linken erhobene Forderung nach Einführung einer Vermögenssteuer hat es eine längere Diskussion gegeben. Aber der Kandidat hat Nein gesagt. Zu viel politischer Ärger, zu geringe Einnahmen und sowieso nicht durchsetzbar, hat er argumentiert. Die 47 Prozent Reichensteuer und die neue Börsenumsatzsteuer müssten langen. "Was sollen wir uns da verkämpfen", sagt ein linkes Vorstandsmitglied. Früher hätte die Linken so ein Basta erst recht angespornt.

Die Krise liefert der Partei neue Selbstgewissheit. Späte Genugtuung schwingt mit, wenn Steinmeier an den alten FDP-Spruch "Wirtschaft wird in der Wirtschaft gemacht" erinnert und sagt: "Die Folgen können wir jetzt besichtigen". Oder wenn er sagt: "Es ist Walter Riesters Verdienst, dass Rentner in Deutschland in der Krise kein Börsenfernsehen gucken müssen". Die SPD, so ist die Botschaft, war schon immer auf der richtigen Seite. Sinkender Eingangssteuersatz, höhere Reichensteuer, mehr Geld für die Bildung, das Festhalten an Arbeitnehmerrechten und das Versprechen, alles zu tun, um industrielle Arbeitsplätze, inklusive Opel, zu retten. Mit dieser Linie fühlt man sich jetzt genau in der "Mitte unserer Gesellschaft", wie Steinmeier sagt.

Harte Töne gegen den Noch-Koalitionspartner CDU/CSU verkneift Steinmeier sich. Nur an einem Punkt grenzt er sich direkt von der Kanzlerin ab. Merkels Aussage, man werde nach der Krise schnell zurückkehren zu den alten Regeln, sei nicht nur falsch, sondern auch gefährlich. Die Antwort auf diese Krise müsse ein "Neustart der sozialen Marktwirtschaft", gar eine "Zeitenwende" sein. Auch das klingt ein bisschen wie Obamas "Change".

Müntefering fällt ein plastisches Bild zur Wahlkampfauseinandersetzung mit der Union ein. Deren Vorwurf, seine Partei habe mit ihrem Wahlprogramm einen Linksruck vollzogen, kontert er: "Wenn man rechts im Graben gelandet ist, ist die Straße natürlich links. Das ist klar". Da lacht das Rund. Von aktuellen Umfragewerten und möglicherweise fehlenden Koalitionspartnern ist ja auch nicht die Rede gewesen. "Es ist Riesters Verdienst, dass Rentner kein Börsen-TV gucken müssen."

Frank-Walter Steinmeier

 Franz Müntefering schwört seine Mannschaft auf den nahenden Wahlkampf-Marathon ein. Foto: dpa

Franz Müntefering schwört seine Mannschaft auf den nahenden Wahlkampf-Marathon ein. Foto: dpa

 Franz Müntefering schwört seine Mannschaft auf den nahenden Wahlkampf-Marathon ein. Foto: dpa

Franz Müntefering schwört seine Mannschaft auf den nahenden Wahlkampf-Marathon ein. Foto: dpa

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