Wolfgang Hellmich „So viele gut bezahlte Beamte gibt es gar nicht mehr“

Berlin · Ganz ohne externe Berater gehe es nicht, sagt der SPD-Politiker, der den Verteidigungsausschuss leitet. Das Gremium soll die Affäre im Ministerium aufklären.

  Wolfgang Hellmich leitet den Untersuchungsausschuss zur Berater-Affäre im Verteidigungsministerium.

Wolfgang Hellmich leitet den Untersuchungsausschuss zur Berater-Affäre im Verteidigungsministerium.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Nächste Woche beginnt der Verteidigungsausschuss in seiner Rolle als Untersuchungsausschuss mit den ersten Zeugenvernehmungen zu den zahlreichen Beraterverträgen des Verteidigungsministeriums. Die Opposition hat die Untersuchung verlangt. Unsere Zeitung sprach mit dem Vorsitzenden des Ausschusses, Wolfgang Hellmich (SPD).

Worum geht es im Untersuchungsausschuss?

HELLMICH Der Auftrag ist durch den Bundestag definiert. Es geht darum, ob die Vergaben des Verteidigungsministeriums an Beratungsfirmen korrekt gelaufen sind. Es gab einen Mängelbericht des Bundesrechnungshofes, zu dem das Ministerium aus Sicht der Opposition nicht ausreichend Stellung genommen hatte. Und das Minderheitenrecht gilt. Die zweite Frage ist, wer mögliche Fehler zu verantworten hat. Und dann, was man künftig besser machen kann.

Geht es um Korruption?

HELLMICH Der Vorwurf der Korruption steht nicht im Raum. Das wäre auch eine Sache von Staatsanwälten. Hier geht es um den Vorwurf falscher Mittelvergabe.

Hat das Ministerium tatsächlich in den letzten fünf Jahren 660 Millionen Euro für Beratungsleistungen ausgegeben, wie Medien berichtet haben?

HELLMICH Uns liegen diese Zahlen bisher nicht vor. Im Zuge der Untersuchung wird es auch darum gehen, wie viel in jedem Jahr für solche Zwecke ausgegeben wurde. Man muss allerdings auch sehen, dass es große definitorische Unklarheiten gibt. Was ist Beratung, was Unterstützung, etwa technischer Art? Was liegt irgendwo dazwischen? Da geht vieles durcheinander.

Insgesamt kosten Berater die Bundesregierung derzeit pro Jahr 1,1 Milliarden Euro. Die Hälfte davon für das Innenministerium von Horst Seehofer (CSU). Die Bürger fragen sich, wozu brauchen die vielen gut bezahlten Beamten noch so viele teuer bezahlte Helfer?

HELLMICH Weil es so viele gut bezahlte Beamte und Angestellte in vielen Verwaltungsbereichen gar nicht mehr gibt. Da ist in den vergangenen Jahren mächtig gespart worden. Zum Beispiel beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw). Hier fehlen gegenüber dem Stellenplan 2000 Leute. Die Bundeswehr hat in der Vergangenheit stark gespart. Wenn jetzt der Hebel schlagartig in Richtung Anschaffungen umgelegt wird, dann wird es natürlich eng. Und dann muss man Expertise von außen dazu kaufen. Die hohe Gesamtsumme aller Beratungsleistungen zeigt: Wir brauchen wieder eine Diskussion, wie viel der Staat selbst leisten soll und wo er Private einschalten kann.

Dass die Ministerin für die Zeugenaussagen ihrer Beamten auch schon wieder Berater anheuert, befremdet Sie ebenfalls nicht?

HELLMICH Nein, das ist völlig normal und im Untersuchungsausschussgesetz auch vorgesehen. Den Zeugen kann eine Rechtsberatung beigestellt werden.

Werden sie am Ende Empfehlungen für den Umgang mit Berateraufträgen abgeben?

HELLMICH Ja. Unser Ziel ist es nicht, nur Fehler festzustellen, sondern Vorschläge zu machen, was man künftig besser machen kann. Wir werden also schauen, wo man systematisch etwas verändern muss, auch mit Gesetzen oder Verordnungen. Im Koalitionsvertrag steht, dass wir das Ausschreibungsrecht insgesamt reformieren wollen. Auch hierfür kann unsere Arbeit im besten Fall Vorarbeiten leisten. Aber das müssen wir abwarten.

Insgesamt also seitens der SPD keine Vorwürfe gegen Ursula von der Leyen persönlich?

HELLMICH Es gibt dazu im Moment keinen Anlass. Es geht nicht zuvorderst um ein persönliches Fehlverhalten der Ministerin. Aber das wird man am Ende der Untersuchung endgültig bewerten. Natürlich hat sie politisch immer die Gesamtverantwortung für ihr Haus. Das sagt die Ministerin ja auch selbst.

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