Klimawandel Die Angst vor einer neuen „Heißzeit“ wächst

Berlin · Deutschland erlebt eine außergewöhnliche Hitzewelle. Mit Blick auf den Klimawandel warnen Wissenschaftler: Es könnte noch viel schlimmer kommen.

 Auch die Abende waren zuletzt in Deutschland außergewöhnlich warm. Wird das in den kommenden Jahren zur Regel?

Auch die Abende waren zuletzt in Deutschland außergewöhnlich warm. Wird das in den kommenden Jahren zur Regel?

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

In vielen Regionen fällt die Ernte miserabel aus. Die Waldbrandgefahr steigt. Förster fürchten um junge Pflanzen, die mit der Trockenheit nicht klarkommen. Stress für die Menschen, Stress für die Umwelt und eine bange Frage: Ist das die Ausnahme, oder wird das die Regel? Der Klimawandel rückt so klar ins Bewusstsein wie lange nicht. Nun hat eine neue Studie die Debatte noch einmal angeheizt. Forscher warnen vor einem Dominoeffekt, der in eine Heißzeit führen könnte.

Welche Belege gibt es schon für den Klimawandel?

Die Erde habe sich bereits durchschnittlich um 1,1 Grad seit dem 19. Jahrhundert erwärmt, sagt Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). „Weitere Belege für den Klimawandel sind das schmelzende Eis an den Polen, Gletschern und auf Grönland, die Erwärmung der Ozeane bis in große Tiefen und der immer rascher werdende Anstieg des Meeresspiegels.“ Hitzerekord-Monate seien fünfmal häufiger als bei einem stabilen Klima zu erwarten wäre.

Welche Bedeutung hat der Jetstream für diesen Hitzesommer?

Die Luftströmung fließt in großen Wellen in neun bis zwölf Kilometern Höhe um die Nordhalbkugel. An den Wellen entlang ströme warme Luft von den Tropen oder kalte Luft aus dem Norden etwa nach Europa, erläutert Rahmstorf. Da sich die Arktis durch den Klimawandel derzeit stärker erwärme als die Tropen, werde die Temperaturdifferenz dazwischen kleiner. Daher verharre der Jetstream immer häufiger in großen Schleifen und so blieben Wetterlagen wie Trockenzeiten, aber auch Regen oder Kältewellen länger bestehen.

Was besagt die neue Heißzeit-Studie?

Bislang nehmen Forscher an, dass die Klimaerwärmung bei zwei Grad gestoppt werden kann. Nun verweist ein internationales Team darauf, dass selbst bei unter zwei Grad durch verschiedene Kippelemente eine Kaskade von Prozessen starten könnte, die langfristig zu vier bis fünf Grad Celsius Erwärmung und einem Meeresspiegel-Anstieg um 10 bis 60 Meter führen könnte. Langfristig bedeutet laut PIK ein Zeitraum „über Jahrhunderte und vielleicht Jahrtausende“. Es sei jedoch noch viel Forschung nötig, um das Risiko abzuschätzen, betonen die Autoren im Fachjournal „PNAS“.

Was sind Kippelemente?

Das sind Komponenten im Erdsystem, die der Klimawandel grundlegend verändern kann: So könnten etwa die Permafrostböden in Russland oder Nordamerika auftauen und dabei große Mengen Kohlendioxid und Methan freisetzen. Der Amazonas-Regenwald könnte mehr Kohlendioxid abgeben als er aufnimmt. Das Eisschild Grönlands könnte komplett abtauen.

Wie läuft der weltweite Kampf gegen den Klimawandel?

Im Zentrum steht das Pariser Klimaabkommen von 2015 mit dem Ziel, die Erderwärmung auf „deutlich unter zwei Grad“ zu begrenzen. Allerdings sind die Nationen noch lange nicht auf Kurs, selbst wenn sie die verkündeten Ziele fürs CO2-Sparen schaffen würden.

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