Wirtschaftsweise kritisieren Koalition scharf

Berlin · Der Sachverständigenrat sieht eine Mitschuld der Regierung am Abschwung der Wirtschaft. Die Kanzlerin weist die Kritik zurück, die SPD stellt die Existenzberechtigung der „Wirtschaftsweisen“ infrage.

Die "Wirtschaftsweisen" geben der schwarz-roten Koalition eine gehörige Mitschuld an der Konjunkturschwäche in Deutschland. Die Regierung verpulvere viel Geld für das teure Rentenpaket und verunsichere mit dem Mindestlohn die Wirtschaft. Neben geopolitischen Risiken und der schlechten Lage im Euroraum könnte auch der von der Bundesregierung eingeschlagene Kurs dazu beigetragen haben, dass die Konjunktur seit Jahresbeginn einen "deutlichen Dämpfer" erlitten habe, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Christoph Schmidt.

Er ermahnte Union und SPD , ihre Wirtschaftspolitik zu überdenken. "Eine Aufbruchstimmung hat die Koalition jedenfalls nicht erzeugt", heißt es im neuen Jahresgutachten des Gremiums. Darin senken die Regierungsberater die Konjunkturprognose fürs laufende Jahr deutlich von 1,9 auf 1,2 Prozent. Im kommenden Jahr erwarten sie jetzt nur noch ein Wachstum von 1,0 Prozent.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU ) wies die Kritik zurück und erklärte, die Regierung werde sich mit Empfehlungen der Experten "konstruktiv" auseinandersetzen. In Anspielung auf die Vorhaltungen beim Mindestlohn meinte sie aber: "Es ist nicht ganz trivial zu verstehen, wie ein Beschluss, der noch nicht in Kraft ist, jetzt schon eine konjunkturelle Dämpfung hervorrufen kann." Schmidt konterte, die Koalition sollte den Mut haben, den Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde später abzusenken oder wieder abzuschaffen, wenn so viele Jobs verloren gehen sollten wie befürchtet.

Der Mindestlohn ist ein Prestige-Projekt von SPD und Gewerkschaften. Die SPD-Spitze attackierte die "Wirtschaftsweisen" entsprechend scharf und stellte die Existenzberechtigung des Rates, der die Regierung seit über 50 Jahren berät, infrage: "Ein solches Gutachten scheint mir in seiner ganzen Methodik nicht mehr auf der Höhe der Zeit zu sein", sagte Generalsekretärin Yasmin Fahimi.

Die Grünen nannten das Gutachten eine "blamable Bilanz für die schwarz-rote Wirtschaftspolitik ". Deutschland sei nicht mehr die "europäische Wachstumslokomotive, sondern dümpelt im Mittelfeld".

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