Wirbel um staatlichen Späh-Angriff auf Computer

Berlin. Die Experten des renommierten Chaos Computer Clubs (CCC) werfen deutschen Sicherheitsbehörden vor, ihre Befugnisse weit überschritten zu haben. Nach Angaben des Clubs setzten Ermittler eine Software zur Überwachung von Telekommunikations-Verbindungen ein, die einen verbotenen "großen Lauschangriff" möglich macht

Berlin. Die Experten des renommierten Chaos Computer Clubs (CCC) werfen deutschen Sicherheitsbehörden vor, ihre Befugnisse weit überschritten zu haben. Nach Angaben des Clubs setzten Ermittler eine Software zur Überwachung von Telekommunikations-Verbindungen ein, die einen verbotenen "großen Lauschangriff" möglich macht.Der "Bundestrojaner", ein staatliches Überwachungsprogramm, sei dem Verein auf mehreren Festplatten anonym zugespielt und von diesem analysiert worden, berichtete CCC-Sprecher Frank Rieger. Demnach können mit dem Programm nicht nur Internet-Telefonate belauscht, sondern auch Aufnahmen von Inhalten des Webbrowsers, von Chat- und Mail-Programmen gemacht werden. Auch "niemals versendete Nachrichten oder Notizen" könnten so kopiert werden. Zudem beklagt der Club einen "digitalen großen Lausch- und Späh-Angriff", indem ferngesteuert auf Mikrofon, Kamera und Tastatur des Computers zugegriffen werde. Dies verstoße gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2008, das der Telekommunikations-Überwachung enge Grenzen setzt.

FDP, Grüne und die Piratenpartei forderten rasche Aufklärung und ein Einsatzverbot für den "Bundestrojaner". Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP, Foto: dapd) erklärte, die FDP habe immer vor den Gefahren staatlicher Schnüffel-Software gewarnt. Noch beunruhigender sei, wenn sich "staatliche Überwachungs-Software nicht an die rechtlichen Grenzen" halte. Auch Grünen-Chefin Claudia Roth zeigte sich alarmiert.

Das CSU-geführte Bundesinnenministerium dementierte die Darstellung des Computer-Clubs: Zumindest das Bundeskriminalamt habe keinen "Bundestrojaner" eingesetzt. Angaben darüber, ob und inwieweit andere Ermittlungsbehörden die Überwachungs-Software verwendet haben könnten, machte das Ministerium nicht. Es verwies darauf, dass Bund und Länder "jeweils eigenständig" für die Einhaltung rechtlicher Vorgaben verantwortlich seien. , Meinung dpa/dapd

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