Wirbel um Niebels fliegenden Teppich

Berlin. Rote Töne überwiegen, dazu noch etwas Schwarz, so beschreibt Dirk Niebels Sprecher das gute Stück. Wo im Haus seines Chefs der Teppich nun liege, das wisse er aber auch nicht genau

Berlin. Rote Töne überwiegen, dazu noch etwas Schwarz, so beschreibt Dirk Niebels Sprecher das gute Stück. Wo im Haus seines Chefs der Teppich nun liege, das wisse er aber auch nicht genau. Eigentlich habe der Minister ja vorgehabt, sein großformatiges Souvenir aus Kabul gleich beim Zoll zu melden, als sein Fahrer es im vergangenen Monat am Berliner Flughafen abgeholt und ihm nach Hause gebracht habe, versichert Rolf Steltemeier. Doch das habe der Minister irgendwie vergessen. Erstaunt gibt sich der enge Mitarbeiter, was den Wirbel um den fliegenden Teppich aus Afghanistan angeht. Und die Verteidigung seines Dienstherrn würzt er mit unfreiwilliger Komik. "Wir kehren nichts unter den Teppich", bleibt Steltemeier gleich im Bilde.Das sehen längst nicht alle so. Die Opposition drängt auf weitere Aufklärung. Sie hält Steuerhinterziehung für durchaus möglich. Und auch die Kanzlerin ließ über ihren Sprecher durchblicken, dass sie über Niebels Verhalten wenig amüsiert ist.

In gewohnter Offensivhaltung versuchte der frühere Rugbyspieler, die Aufregung um sein 1000 Euro teures Mitbringsel von einer Afghanistan-Reise einzudämmen. "Ich bedauere, dass der Antrag auf Verzollung erst mit Verzögerung gestellt wurde", zeigte der FDP-Politiker Reue. Wegen eines "Missverständnisses" sei dies erst in dieser Woche nachgeholt worden - als ihm die Anfragen von Journalisten dazu bereits vorlagen. Am Freitag verriet Niebels Sprecher noch einige Details über die Abläufe der Verkaufsaktion. Ein Kabuler Teppichhändler sei mit einer Kollektion in die deutsche Botschaft geeilt, wo sich der Minister für ein Stück entschieden habe. Etwas peinlich berührt wirkte der Sprecher des Auswärtiges Amtes, als der sich mit der Frage konfrontiert sah, ob bei Politikerbesuchen solche Basare in deutschen Vertretungen üblich seien.

Niebel versicherte, eigentlich habe er den im März getätigten Einkauf erst bei seinem nächsten Afghanistan-Besuch mit nach Deutschland nehmen wollen. Doch dann habe ihn die deutsche Botschaft an Christi Himmelfahrt informiert, dass der Teppich bereits drei Tage später mit dem Jet des Bundesnachrichtendienst-Präsidenten Gerhard Schindler gratis nach Berlin gebracht werde. Auf dem Rollfeld in Schönefeld wurde das private Stück dann dem wartenden Fahrer Niebels ohne weitere Zollformalitäten ausgehändigt.

Mit seiner Darstellung dürfte Niebel auch seinen Parteifreund Schindler in einige Verlegenheit bringen. Ausdrücklich betonte der Minister nämlich, der BND-Chef habe mit dem Transport keine Amtshilfe geleistet, sondern ihm "einen persönlichen Gefallen" getan.

Ob das Thema für den FDP-Mann bereits ganz ausgestanden ist, muss sich erst zeigen. Denn sollte sich etwa herausstellen, dass das relativ preiswerte Souvenir aus Kabul von Kindern geknüpft wurde, könnte es durchaus noch unangenehm für den Ressortchef werden. Entwicklungsorganisationen weisen seit langem darauf hin, dass in Afghanistan Minderjährige unter 14 Jahren zu Hungerlöhnen in der Teppichproduktion tätig sind.

Der auch als "Bolzen aus Heidelberg" titulierte Freidemokrat hat bislang alle Attacken ausgestanden. Hilfsorganisationen werfen ihm vor, er verstehe sich in erster Linie nicht als Förderer armer Länder, sondern vor allem als Interessenvertreter der deutschen Wirtschaft. Zuletzt geriet Niebel verstärkt wegen des Vorwurfs unter Beschuss, Schlüsselpositionen in seinem Haus vor allem nach dem Parteibuch statt nach fachlicher Eignung zu vergeben. Nach seinem Parteifreund Guido Westerwelle gilt Niebel als eifrigster Vielflieger im Kabinett. Stolz präsentierte er sich vor kurzem bei einem Mongolei-Besuch etwa mit dem "Polarstern-Orden", der höchsten Auszeichnung des zentralasiatischen Landes.Foto: Nietfeld/dpa

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